Cross-Border-Leasing immer beliebter
Kommunen setzen auf grenzüberschreitende Finanzierung
Cross-Border-Leasing ist als Finanzierungsinstrument besonders bei
den Kommunen hochaktuell. Was sich aber genau dahinter verbirgt, wissen
außer den Finanzfachleuten wahrscheinlich nur die Wenigsten. Die Stadt
hat zu diesem Thema ausführliche Informationen zusammengestellt. Hier
ein Überblick:
US-Leasing-Transaktionen sind legale Finanzierungsinstrumente. Dabei
vereinbart eine Stadt mit einem bonitätsstarken US-Investor eine Leasing-Transaktion
für geeignete Anlagen. Die Anlagen werden langfristig vermietet und
gleichzeitig für einen kürzeren Zeitraum zurückgemietet. Die Stadt erwirtschaftet
dadurch eine außerordentliche Einnahme - einen so genannten Barwertvorteil.
Klärwerke und Kanäle
Auch die Stadt Stuttgart nutzt dieses Finanzierungsinstrument: 1999
hat sie eine US-Leasing-Transaktion mit DaimlerChrysler für drei Klärwerke
(Mühlhausen, Möhringen und Plieningen) abgeschlossen. Im Dezember 2002
hat sie eine Leasing-Transaktion für die Abwasserkanäle, Sonderbauwerke
und Anlagen des Eigenbetriebs Stadtentwässerung Stuttgart (SES) mit
dem US-amerikanischen Investor John Hancock Life Insurance durchgeführt.
Die Anlagen wurden für 99 Jahre vermietet. Die Stadt Stuttgart hat die
Anlagen gleichzeitig wieder für 29 Jahre (rück-) gemietet. Danach gibt
es eine vertraglich festgelegte Ausstiegsklausel. Das Transaktionsvolumen
für die Abwasserkanäle beträgt etwa 523 Millionen Euro. Der Barwertvorteil
beläuft sich nach vorläufigen Endabrechnungen (auch nach Abzug der internen
Kosten) auf 21,7 Millionen Euro. Dieses Geld wurde dem SES als zinsverbilligtes
Darlehen zur Verfügung gestellt.
Stadt bleibt Eigentümer
Von entscheidender Bedeutung beim US-Border-Leasing ist der Grundsatz,
dass weder in juristischem noch wirtschaftlichem Sinne ein Eigentümerwechsel
vorgenommen wird. Die Nutzung des Leasingobjekts wird nicht eingeschränkt.
Dem deutschen Fiskus entstehen keine Steuernachteile.
Die Transaktion besteht aus einer Reihe von Verträgen, die generell
dem Recht eines amerikanischen Staates, zum Beispiel New York, unterliegen,
und durch die eine Anlage langfristig vermietet und zugleich für einen
kürzeren Zeitraum zurückgemietet wird.
Kredite gespart
Ziel aus Sicht einer Stadt ist das Erwirtschaften einer außerordentlichen
Einnahme - eines so genannten Barwertvorteils - bei Abschluss der Verträge.
Dies erübrigt eine entsprechende Aufnahme von Krediten und erspart Kreditzinsen.
Die Verträge stellen sicher, dass die Stadt ihre öffentlich-rechtlichen
Aufgaben (zum Beispiel die Abwasserentsorgungsverpflichtung) unter allen
Umständen erfüllen kann. Während der Laufzeit des Mietvertrages verpflichtet
sich die Stadt, diese Aufgaben wie bisher selbst durchzuführen.
Über das Zustandekommen eines Cross-Border-Leasing-Geschäftes entscheidet
die Stadt im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts. Seine Legalität wird
durch die deutschen und amerikanischen Anwälte sowie das Regierungspräsidium
bestätigt.
Weitere Projekte
Mit der Möglichkeit, weitere US-Cross-Border-Leasing-Verträge abzuschließen,
hat sich der Gemeinderat zuletzt Ende März befasst. Die Verwaltung wurde
mit der Prüfung von neuen Transaktionen beauftragt. Nach den Klärwerken
im Jahr 1999 und den Abwasserkanälen 2002 kommen unter anderem größere
Schulzentren, Verwaltungsgebäude und die Schienennetzinfrastruktur der
Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) in Frage. Der Gemeinderat wird sich
voraussichtlich im Herbst im Zusammenhang mit den Beratungen zum Doppelhaushalt
2004/2005 mit diesem Thema befassen.
Über Grenzen hinweg
Der US-Finanzmarkt bietet seit vielen Jahren die Möglichkeit zu Cross-Border-Leasing-Verträgen
("cross-border" = grenzüberschreitend, leasing = Vermietung, Verpachtung).
Für 99 Jahre können eigens dafür gegründete US-Trusts kommunale Einrichtungen
"mieten". Begünstigter des amerikanischen Trust ist der US-Investor.
In einem parallel abgeschlossenen Vertrag mietet die Stadt die Anlagen
identisch wieder zurück. Eine Kündigungsoption macht es möglich, dass
die Stadt den Vertrag nach 29 Jahren beenden kann.
Der US-Trust hat einen Steuervorteil, von dem er einen gewissen Teil
der Stadt abgibt und sofort auszahlt. Dies ist der "Barwertvorteil".
Die Stadt, die Eigentümerin der Anlage bleibt, verpflichtet sich, die
Anlage wie vereinbart zu betreiben. Nur wenn die Stadt gegen die Verträge
verstößt, hat der Investor ein Kündigungsrecht.
Ausführliche Erklärungen zum Finanzierungsinstrument US Cross-Border
Leasing stehen im Memorandum der Landeshauptstadt Stuttgart mit wichtigen
Klarstellungen aus fachanwaltlicher Sicht zu häufig gestellten Fragen.
Nachfrage ist groß
Weltweit werden in der Wirtschaft die verschiedensten Vorgehensweisen
gesucht, um wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen und steuerlichen Aufwand
zu optimieren. Dies gilt auch für die Städte. Waren es am Anfang vor
allem amerikanische Investoren, die in der Bundesrepublik nach Vertragspartnern
für das Cross-Border-Leasing suchten, sind es inzwischen die deutschen
Kommunen, die immer mehr Interesse an dieser Finanzierungsform zeigen.
Zu den Städten, die solche Verträge abschließen, gehören in Baden- Württemberg
zum Beispiel Aalen, Heidenheim, Schwäbisch Gmünd und Ulm. Bundesweit
haben über 150 größere Städte Transaktionen mit US-Trusts abgeschlossen.
Karin Hascher
© Landeshauptstadt Stuttgart, Stabsabteilung für Kommunikation
Amtsblatt Nr. 2003/38 vom 18. September 2003
Amtsblatt online: www.stuttgart.de/amtsblatt
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