Die Stadt hatte 2002 mit dem Verkauf ihrer Beteiligungen an der Energie Baden-Württemberg (EnBW) und den Neckarwerken (NWS) an den Energiemulti EnBW auch das Leitungsnetz, alle technischen Einrichtungen und ihre Anteile an den Zweckverbänden Bodensee- und Landeswasserversorgung abgegeben.
„Als das damals durchgesickert ist, haben wir uns nach einer Veranstaltung als Wasserforum gegründet", sagt Barbara Kern, die neben Kurt Henzler als Vertrauensperson für das Begehren fungiert. Die Aktion, mit der ein Bürgerentscheid erreicht werden könnte, „wollten wir schon viel früher machen", so die 58-jährige Geografin. Doch zunächst musste die Fragestellung „penibel abgeklärt werden".
Warnendes Beispiel war dem Wasserforum dabei das Bürgerbegehren zum Bahnprojekt Stuttgart 21 aus 2007. Die Stadtverwaltung hatte dem Aktionsbündnis gegen den Tiefbahnhof in Rechtsgutachten vorgehalten, im Begehren die falschen Fragen gestellt zu haben. Es sei unzulässig. Gemeinderat und Regierungspräsidium wiesen einen Bürgerentscheid trotz 61.193 gültiger Unterschriften ab. Die Streitsache liegt inzwischen beim Verwaltungsgericht, mit einer Entscheidung ist vor der Kommunalwahl am 7. Juni keinesfalls zu rechnen.
„Sind Sie dafür, dass die Stadt Stuttgart die Wasserversorgung frühestmöglich, spätestens aber ab 1.1.2014 selbst betreibt, und sind Sie gegen einen Gemeinderatsbeschluss, der Rechte an unserer Wasserversorgung ganz oder teilweise in der Hand von Privaten (zum Beispiel der EnBW) belässt?". fragt das Wasserforum auf seiner Unterschriftenliste zu „100-Wasser".
Wenn 20.000 gültige Unterschriften, für deren Sammlung es kein Zeitlimit gibt, erreicht sind, muss der Gemeinderat entscheiden, ob das Begehren zulässig ist. Den Rat beschäftigt das Thema Wasserrückkauf seit 2008. Oberbürgermeister Wolfgang Schuster, CDU, hatte eine für Donnerstag angesetzte Abstimmung über eine Grundsatzvereinbarung mit der EnBW zum 50-Prozent-Rückkauf von Netz und Technik von der Tagesordnung genommen. Für die 50 Prozent sollte die EnBW nicht nur 80 Millionen Euro, sondern auch eine bis 2014 verlängerte Konzession (Belieferungs- und Betriebserlaubnis) erhalten.
Grund für den Rückzug war ein Antrag der SPD. „Die 100 Prozent sind auch unser Ziel", sagt deren Fraktionschef Manfred Kanzleiter. „Wir wollen uns dafür einsetzen, dass aus den Initiativen eine breite Bürgerbewegung entsteht", so SPD-Kreischef Andreas Reißig. Direkte Unterstützung haben die Genossen allerdings nicht zugesagt.
Denn beim Wasserforum sitzt die Wählergemeinschaft Stuttgart Ökologisch Sozial (SÖS) mit im Boot. Das SÖS-Büro im Rathaus ist Montag bis Freitag von 16 bis 19 Uhr Auskunftsstelle. Grüne und Republikaner, Linke und der Bund für Umwelt und Naturschutz unterstützen das Begehren.
Eine überfallartige Entscheidung des Gemeinderats wie im Fall des Bahnprojekts Stuttgart 21 befürchtet Barbara Kern nicht. OB Schuster werde vor der Kommunalwahl keine Verträge mit der EnBW abschließen, „weil die CDU dadurch massiv Stimmen verlieren könnte", sagt Kern. Die Bürger seien sehr interessiert am Thema Wasserversorgung. Sei der Druck hoch genug, werde die Energie Baden-Württemberg auch bei der Abgabe der Wasser-Bezugsrechte einlenken, glaubt Kern. Das sporne an, die Unterschriften „so schnell wie möglich zu sammeln".
Wer will, dass das Wassernetz wieder in die Hand der
Kommune
kommt,
kann
jetzt dafür unterschreiben: Die Initiative Wasserforum
hat ihr Bürgerbegehren
gestartet. Foto: Leif Piechowski
Infos im Netz und die Liste: www.s-wasserforum.de und www.Hundert-Wasser.org
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