US-Senatoren wollen der Stadt
Geldhahn zudrehen

Steuerschlupfloch Cross-Border-Leasing soll geschlossen werden
Kommune setzt auf diese Art Vermietung

Stadtverwaltung sowie CDU und Grüne im Gemeinderat setzen auf Millioneneinnahmen durch spezielle Leasinggeschäfte mit Investoren in den USA, um den maroden Investitions-haushalt zu kräftigen. Ob die Finanzspritze kommt, ist jedoch fraglich. Republikanische Abgeordnete im US-Senat wollen das Steuerschlupfloch abdichten.

Von dem ursprünglich anvisierten Erlös in Höhe von 30 bis 40 Millionen Euro hat sich Hans Stradinger, der Leiter der Stadtkämmerei, bereits verabschiedet. Ein so genannter Barwert-vorteil von nur noch zwölf Millionen Euro könnte der Stadtkasse zufließen, wenn der Gemeinde-rat am 11. Dezember entscheidet, Berufsschulzentren und zum Beispiel das Rotebühlzentrum im Gesamtwert von 400 bis 450 Millionen Euro für 99 Jahre an einen US-Investor zu ver- und für 30 Jahre zurückzumieten.
   Dieses umstrittene Leasing wird vom US-Gesetzgeber bisher als Auslandsinvestition steuerlich gefördert. Die deutschen Partner erhalten daran einen kleinen Anteil. 1999 und 2002 profitierte die Stadtentwässerung vom Cross-Border-Leasing und erhielt 34,7 Millionen Euro. Bereits 1997 hatten die SSB Stadtbahnwagen verleast. Gegner des Geschäfts kritisieren die lange Bindung, den Gerichtssitz USA und die komplizierten Verträge.
   Chuck Grassley aus Iowa, Vorsitzender des Finanzausschusses des US-Senats, sowie weitere republikanische und demokratische Abgeordnete wollen die grenzüberschreitende Vermietung beenden. Sie sehen darin Trickserein zum Nachteil der eigenen Steuerzahler und haben am 18. November einen Gesetzentwurf eingebracht. Stradinger ist dies neu. "Mir wurde bisher gesagt, dass das inneramerikanische Leasing zur Debatte steht", sagte er am Mittwoch auf Anfrage. Die Stadt habe ihren "Deal abgespeckt" und werde nur Gebäude mit absehbar langfristiger Nutzung freigeben. Die Stadt und die das Geschäft anbahnende DaimlerChrysIer Services AG (DCS) wollten ursprünglich Immobilien für eine Milliarde Euro vermieten. Darunter befanden sich auch kleinere Schulzentren.
   "Derzeit", so Stradinger, gebe es "keinen konkreten Investor". Allerdings solle auch zunächst der Gemeinderat entscheiden, dann erst der Suchlauf in den USA gestartet werden. Der Markt sei schwierig, es gebe Städte, die "derzeit keinen Partner finden". Für Stradinger ist "nicht auszuschließen, dass es uns eines Tages auch so geht".
   Joachim Fritz, bei DCS verantwortlich für Cross-Border, bewertet Grassleys Vorstoß als "normale steuerpolitische Diskussion". Der Senator sei damit im Mai 2003 gescheitert und versuche es erneut. Das Risiko einer Gesetzesänderung in den USA trage der amerikanische Investor, sagt Fritz, der für Stuttgart mit einem US-Versicherer oder einer Bank abschließen will.
   "Die Städte wissen, was in den USA im Gange ist, wir weisen darauf hin", so Fritz. Eine politische Diskussion sei aber, leider "nie hundertprozentig einzuschätzen".
   Das gilt auch für Stuttgart, wo sich nach der SPD die FDP von Cross-Border verabschiedet hat. PDS-Stadträtin Ulrike Küstler, stets ablehnend und auf Risiken hinweisend, sieht sich bestätigt: "Es macht keinen Sinn, Geschäfte auf unsicherer Rechtsgrundlage zu betreiben." CDU und Grüne im Rat haben einen Teil ihrer Investitionsanträge auf Cross-Border aufgebaut. - Sie hoffen weiter auf den Scheck aus Amerika.

Von Konstantin Schwarz, Stuttgarter Nachrichten vom 04.12.2003
www.stuttgarter-nachrichten.de

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