Natur- und Landschaftsschutzgebiete in Stuttgart: Schutzziele und Nutzungseinschränkungen

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Naturschutzgebiete (NSG)
Im Stadtkreis Stuttgart sind derzeit 7 Naturschutzgebiete mit insgesamt 1360 ha Fläche ausgewiesen. Das entspricht 6,5 % der Gemarkungsfläche. Stuttgart nimmt damit unter den Stadtkreisen Baden-Württembergs eine Spitzenposition ein. Jedes NSG hat einen Pflege- und Entwicklungsplan, der flurstücksbezogene Pflegehinweise gibt. In den Stuttgarter NSG ist Obst- und Gartenbau-Nutzung eher selten, so dass sich wenige Konflikte ergeben. Im Prinzip gelten die meisten der unten für die Landschaftsschutzgebiete aufgeführten Einschränkungen in verschärfter Form.

Landschaftsschutzgebiete (LSG)
Im Stadtkreis Stuttgart sind ca. 6610 ha, das entspricht 31,9 % der Gemarkungsfläche, als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen. Sie sichern den siedlungsnahen Freiraum und dienen so langfristig vielen Einwohnern als leicht erreichbare Erholungsflächen. Die Landschaftsschutzgebiete stellen Grünzäsuren und somit wichtige vegetationsbestimmte Freiräume in der dicht besiedelten Stadtlandschaft dar.

In einem Ballungsraum sind diese Außenbereichsflächen verschiedensten Belastungen ausgesetzt. Der ungebrochene Drang nach Freizeitgartenanlagen mit ihren Kleinbauten, Terrassen und KfZ-Stellplätzen, Flächenansprüche für Erholungseinrichtungen, landwirtschaftliche bauliche Anlagen usw. führen zu einer schleichenden Entwertung durch eine Vielzahl kleiner Eingriffe. Im Rahmen der Haushaltskonsolidierungen steht immer weniger Personal für Überwachungstätigkeiten zur Verfügung. So wurde u.a. der Feldschutz stark abgebaut. Rechtzeitige Information und Aufklärung der Grundstücksbesitzer werden daher künftig von noch größerer Bedeutung sein. Hierbei können die Obst- und Gartenbauvereine aktiv mitwirken.

 
Kartengrundlage: Stadtmessungsamt Stuttgart
VII
VII Naturschutzgebiet Unteres Feuerbachtal mit Hangwäldern und Umgebung
17
17 Landschaftsschutzgebiet Eschbach, Kirchberg

Welches sind die Schutzziele der LSG-Verordnungen?
Welche Nutzungseinschränkungen gibt es?

Als Landschaftsschutzgebiete wurden Flächen zum Schutz oder zur Wiederherstellung von Gebieten ausgewiesen, in denen ein besonderer Schutz der Natur und Landschaft erforderlich ist zur Sicherung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, der Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, der Vielfalt, Eigenart oder Schönheit der Natur und Landschaft oder des Erholungswertes. Der wesentliche Schutzzweck ist in den Verordnungen landschaftsspezifisch festgelegt. Generell sind z.B. alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern oder dem Schutzzweck zuwiderlaufen.

Schutzziele sind z.B. der Erhalt der historischen Bodennutzung wie Streuobstwiesen und Terrassenweinbau, die Sicherung ökologischer Ausgleichsflächen als Lebensräume für Tiere und Pflanzen, der Naherholung und Frischluftzufuhr sowie der Erhalt des Landschaftsbildes.

Maßnahmen, die den Schutzzweck beeinträchtigen können, bedürfen - ohne Rücksicht auf baurechtliche Vorschriften - zusätzlich einer vorherigen schriftlichen Erlaubnis der unteren Naturschutzbehörde. Je nach Gebiet sind das u.a. insbesondere folgende Handlungen:

  • Zerstörung und Änderung von Landschaftsbestandteilen wie Feldgehölzen, Böschungen, Hecken und größeren Bäumen, Schilfbeständen
  • Aufforstungen oder andere wesentliche Änderung der Bodennutzung
  • Beseitigen von Streuobstbäumen ohne Nachpflanzung
  • Anpflanzung nichtheimischer Gehölze, besonders exotische Nadelgehölze
  • Umbrechen von Dauergrünland
  • Veränderungen der natürlichen Geländeform (Aufschüttungen, Abgrabungen, etc.)
  • Veränderung, Beseitigung oder Anlage von fließenden oder stehenden Gewässern
  • Verwendung chemischer Pflanzenschutzmittel
  • Bau von Einfriedungen und Zäunen
  • Kleinbauten, Terrassen, Wege oder Stellplätze
  • Lagerung von Gegenständen, die nicht der Nutzung des Grundstücks dienen.

In speziell ausgewiesenen Gartenhausgebieten gibt es Bebauungspläne, in denen die Zulässigkeit von Zäunen und Kleinbauten geregelt sind.

§ 24a Biotope
Durch das Naturschutzgesetz sind einige Biotope besonders geschützt. Hierzu gehören z.B. Feldhecken, Feldgehölze, Schluchtwälder, Trockenmauern, Magerrasen, und naturnahe bzw. unverbaute Gewässerabschnitte. Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung oder erheblichen Beeinträchtigung dieser Biotope führen können, sind verboten. Nicht betroffen sind Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der besonders geschützten Biotope notwendig sind.

Was tut die Stadtverwaltung?
Die Stadtverwaltung versucht im Rahmen des Möglichen, aktiv die Ziele des Natur- und Landschaftsschutzes zu fördern. Einige Maßnahmen sind im folgenden aufgeführt:

  • Förderung von Streuobstwiesen durch Nutzung: Das Projekt Stuttgarter Apfelsaft in Kooperation mit der Fa. Fruchtsaft-Mayer in Uhlbach
  • Sortenlehrpfad zum Streuobstbau im städtischen Obstgut Kressart
  • Städtische Obstbauberatung beim Amt für Liegenschaften und Wohnen
  • Gewährung von Zuschüssen für den Bau bzw. Reparatur von Trockenmauern, für Maßnahmen zum Erhalt und Förderung der schützenswerten Tier- und Pflanzenwelt (städtischer Naturschutzfonds)
  • Schutz von Trockenmauergebieten durch Erhaltungssatzungen oder als Kulturdenkmal
  • Trockenmauerpflege durch das städtische Weingut und das Garten- und Friedhofsamt
  • Naturnahe Pflege städtischer Grundstücke durch das Garten- und Friedhofsamt
  • Auflagen in Pachtverträgen städtischer Liegenschaften (Verbot der Verwendung chemischer Pflanzenschutzmittel, des Umbruchs von Wiesen, Erhalt von Streuobst)
  • Renaturierung, Anlage neuer Biotope und Entwicklungspflege als Umsetzung der Biotopverbundplanung mit Hilfe von Ausgleichsgeldern für Eingriffe in Natur und Landschaft
  • Umweltberatung und Fortbildungsveranstaltungen zum Thema naturnahes Gärtnern am Amt für Umweltschutz (Informationsschriften "Kompostfibel", "Naturnah Gärtnern").

Was können die Obst- und Gartenbauvereine zur Umsetzung tun?
Die Obst- und Gartenbauvereine und ihre Mitglieder sind sehr wichtige Partner bei der Umsetzung der Schutzziele der LSG und der städtischen Natur- und Umweltpolitik, wie sie im Umweltbericht festgehalten wurde. In den folgenden Bereichen können sie einen wertvollen Beitrag bei der naturnahen Pflege der Landschaft und Natur leisten.

  • Erhalt und Erneuerung der Streuobstwiesen als artenreiche und lokaltypische Biotope
    • Nachpflanzung abgegangener Obsthochstämme, ggf. Erhalt einzelner stehender Totholzstämme als Biotop für Insekten und Vögel
    • Wiesenpflege als 2-3malige Mahd mit Abräumung und Kompostierung des Mähgutes zur Förderung arten- und blütenreicher Wiesengesellschaften und damit der lokalen Insekten- und Kleintierwelt anstelle eines Rasenmäher-Mulchrasens

  • Erhalt historischer Nutzungsformen wie Trockenmauer-Weinberge
    • Wiederaufbau und Instandhaltung der Mauern (gefördert durch den städtischen Naturschutzfonds)
    • keine Verwendung von Beton, kein Verfugen der Mauerritzen
    • Unterlassung der Bepflanzung mit standortsfremden Bodendeckern
    • Bepflanzung der Terrassen mit Wein oder Obstbäumen

  • Erhalt und Pflege der gesetzlich besonders geschützten Biotope (§24a NatschG)
    • u.a. Feldgehölze, Gebüsche und naturnahe Wälder; Schluchtwälder z.B. in Klingen, Magerrasen, z.B. auf Böschungen
    • Quellen und natürliche stehende und fließende Gewässer einschließlich ihrer Ufer
    • Trockenmauern, Steinriegel und Felsen.
    Ob es sich um ein besonders geschütztes Biotop handelt und wie die Pflege erfolgen sollte, erfahren Sie beim Amt für Umweltschutz (Tel.: 0711/216-8727).

  • Erhalt artenreicher Wiesengesellschaften
    • Kein Wiesenumbruch; Beschränkung des Umbruchs auf bestehendes Grabeland
    • 2-3maliges Mähen anstelle von häufiger Pflege mit dem Rasenmäher
    • Belassung ungemähter Bereiche wie Wegraine für die Überwinterung von Insekten

  • Erhalt bzw. Neuschaffung von Hecken oder Gebüsch-Sukzessionen
    • Duldung von Spontanwuchs oder Anpflanzung einheimischer Baum- und Straucharten
    • Duldung von "Wildnis" auf ungenutzten Grundstücksteilen
    • Entfernung ausbreitungsstarker neueingebürgerter Arten wie Kanadische Goldrute, Japanischer Staudenknöterich, Riesenbärenklau, Robinie, Götterbaum, Essigbaum

  • Sicherung eines Gewässerschutzstreifens an Bächen und Gräben
    • Seltene Mahd zur Entwicklung einer feuchteliebenden Vegetation
    • Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln an Gewässern ist grundsätzlich verboten

  • Verwendung pflanzlicher Abfälle
    • Bereitung von Kompost und Verwendung als organischer Dünger, keine Anwendung von Torf oder mit Torf hergestellter käuflicher Bodensubstrate
    • Aufsetzen des Schnittgutes als Reisig- und Totholzhaufen anstelle Verbrennen
    • Keine "wilde" Entsorgung von Rasenschnitt oder Schnittgut an Wald- oder Heckenrändern oder in "ungenutzten" Gebüschen

  • Anwendung biologischer bzw. umweltfreundlicher Methoden bei der Kontrolle von Pflanzenkrankheiten und Schädlingen
    • Keine Verwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln

  • Ausbildung von Mitgliedern und Interessierten
    • Obstbaumschnittkurse
    • Hinweise zum naturnahen Pflanzenschutz
    • Fortbildungsveranstaltungen zum Thema naturnaher Obst- und Gartenbau
    • Hinweise zu den Bestimmungen der Landschaftsschutzgebiete.

Mit der Umsetzung solcher Maßnahmen mit Hilfe der zahlreichen Mitglieder der Obst- und Gartenbauverbände wäre der Natur und dem Schutz der einzigartigen, historisch gewachsenen Kulturlandschaft Stuttgarts ein großer Dienst erwiesen.

Broschüre: Die Stuttgarter Landschaftsschutzgebiete (.PDF-Datei)

Dr. Wolf-Dietrich Paul, Albrecht Schmidt, Renate Kübler
Amt für Umweltschutz Stuttgart (Tel. 0711/216-8727)

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