Zazenhausen - der vergessene Stadtteil:

Oma Ilse muß eine Stunde
für Milch und Gemüse laufen

Ein Bäcker, ein Metzger, eine kleine Bank und ein Einkaufsladen. Friedlich liegt der 1364-Seelen-Stadtteil Zazenhausen im Tal, nur zwölf Kilometer zur Stadtmitte Stuttgart. Aber die Leute sind verärgert. Der Coop-Laden wird im nächsten Jahr dicht gemacht.

Ein großes Problem für die Einwohner.
"Wir alten Leute sind auf den Laden angewiesen. Wenn der dicht macht, haben wir keine Möglichkeit zum Einkaufen mehr", schimpft Hans Hohbach (72). Der Rentner spricht für alle. Wenn Coop schließt, muß Oma Ilse Krehl (60) eine Stunde laufen, um Obst, Gemüse, Zucker, Mehl zu kaufen.
Die nächsten Lebensmittelgeschäfte in Rot und Freiberg sind jeweils eine halbe Stunde weit weg.
"Wenn ich da die schweren Einkaufstaschen nach Hause schleppen muß, bin ich kaputt", macht sich Rentner Erich Fischer (67) schon heute große Sorgen. Bezirksvorsteher Wolfgang Meyle (41) macht sich stark, daß ein neuer Einkaufsladen kommt. Die CDU hat die Stadtverwaltung bereits aufgefordert, neue Einkaufsmöglichkeiten zu schaffen.
In den Coop-Laden soll ein Video-Shop einziehen. Hausfrau Ursula Mangstl (33): „Mit Video kann ich meine Kinder nicht füttern."


In diesem Laden gibt's ab nächstem Jahr Video-Geräte und -Filme anstatt Lebensmittel

Von HELMUT UHL (wahrscheinlich Bild-Zeitung Stuttgart) - Zazenhausen, 11. März 1985

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