"Alter Stahlviadukt muß weg"

Bezirksbeiräte Stammheim und Zuffenhausen tagten gemeinsam

Zu heftigen Meinungsverschiedenheiten zwischen Mitgliedern des Bezirksbeirats Zuffenhausen und Vertretern der Deutschen Bundesbahn kam es letzte Woche in Stammheim. Der Streit entbrannte am einzigen Tagesordnungspunkt der gemeinsamen Sitzung der beiden Bezirksbeiräte, an der geplanten Schnellbahntrasse Stuttgart-Mannheim auf der Gemarkung Zuffenhausen/Zazenhausen/Stammheim.

"Ein Schwabenstreich sondersgleichen", meinte ein Bezirksbeirat. Ausgerechnet kurz vor dem alten Eisenbahnviadukt in Zazenhausen soll die drei Kilometer lange Tunnel Strecke der Schnellbahntrasse enden.
Das war dann auch der allergische Punkt, der die Gemüter erhitzte. Mit Nachdruck forderten die Zuffenhäuser Bezirksbeiräte von der Deutschen Bundesbahn Abhilfe für den über 100 Jahre alten Stahlviadukt, der nicht mehr länger zumutbar sei und den Zazenhäusern Tag und Nacht in den Ohren dröhne. Der alte Viadukt muss einfach weg. Mit Beifall aus den Reihen der sehr zahlreichen Zuhörer wurde diese Forderung tatkräftig unterstützt.
Doch wie ist die gegenwärtige Lage in Zazenhausen? Tag für Tag donnern über 120 Züge mit oftmals ohrenbetäubendem Lärm über die veraltete Stahlkonstruktion allein in eine Richtung und machen den Zazenhäusern "das Leben zur Hölle". Während der Nachtstunden von 22 bis 6 Uhr rattert sogar alle fünf Minuten ein Zug über die Brücke. Diesen Zustand will sich Zazenhausen, das schon seit Jahren gegen den Lärm ankämpft, nicht mehr länger bieten lassen. Zudem befürchtet man durch den Bau der neuen Schnellbahntrasse ein verstärktes Verkehrsaufkommen schnellfahrende Züge und somit noch mehr Lärm.
Deshalb forderte der Bezirksbeirat Zuffenhausen die Deutsche Bundesbahn in einer gemeinsam gefassten Erklärung auf, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Entweder einen Brückenneubau zu errichten oder spürbare Verbesserungen an der alten Stahlbrücke vorzunehmen, da der neue Verkehr eine Mehrbelastung mit sich bringe. "Die DB hat bisher nichts getan."
Der Referent der Deutschen Bundesbahn, Bahndirektor Schwarz, versuchte die Gemüter zu beschwichtigen, indem er den Bezirksbeiräten versicherte, der vorgestellte Plan sei lediglich Vorplanung, der noch nicht bis zum Schluss durchgeplant sei. "Kein Zug fährt schneller als technisch möglich, also auch nicht schneller wie heute", so die "beruhigenden" Worte von Schwarz.
Nach der jetzigen Konzeption der DB können außer der neuzubauenden Tunnelstrecke die bereits bestehenden Kerngleise benutzt werden. Weiter ist eine Umlagestelle bei der Strafvollzugsanstalt Stammheim vorgesehen. Die neue Trasse wurde speziell für schnellen Reise- und Güterzugverkehr entwickelt, der auf der Strecke Kornwestheim-Untertürkheim verkehrt und dem es somit möglich ist, den Stuttgarter Hauptbahnhof zu umgehen, wodurch man sich eine Entlastung der Strecke Bietigheim-Mühlacker verspricht. Schwarz gab jedoch zu bedenken, dass für diese Planung noch keine definitive Zusage von Seiten des Bundes oder der DB-Hauptverwaltung vorliege.
Recht positiv stellt sich dagegen die Planung für die Stammheimer dar, was sich auch an den zufriedenen Gesichtern der Bezirksbeiräte ablesen ließ. Auf ihrer Gemarkung wird die Strecke total untertunnelt verlaufen. Der Tunnelmund des drei Kilometer langen Bauwerks nimmt die Züge auf der Markung Schwieberdingen, hinter der Verbindungstraße Möglingen-Schwieberdingen, genau vor der Kreuzung der neuen B10, auf.
Der Bau der Tunneltrecke wird in offener Bauweise erfolgen und im Raum Stammheim eine Bauzeit von fünf Jahren beanspruchen. Während des Baus wird eine rund 50 Meter breite "Baurinne", wovon allein 30 Meter der Tunnelaushub ausmacht, sich durch Wiesen und Äcker ziehen.
Besorgt äußerte sich der Bezirksbeirat Stammheim zum schon oft diskutierten Plan eines Containerbahnhofs, solange nicht feststeht, bis zu welchem Zeitpunkt die neue B 27 a in Angriff genommen werden kann. Die Reihenfolge Neubaustrecke (B 27 a), dann Containerbahnhof müsse unbedingt eingehalten werden: "Kein Containerbahnhof, wenn der Verkehr durch bestehende Straßen geführt wird."

hjg, aus einer Zeitung von 1977

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