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Für Wohl und Wehe Zazenhausens verantwortlich

Viele Probleme stehen an - Äußerst aktiver einjähriger Bürgerverein

Wenn im Stadtteil Zazenhausen eine Veranstaltung angesetzt ist, dann ist größtenteils "was los". So auch am Freitagabend, als der erst im März vorigen Jahres gegründete Bürgerverein Zazenhausen zu seiner ersten ordentlichen Hauptversammlung in den Saal des TVZ-Heims eingeladen hatte.

"Es gibt keinen anderen Stadtteil von Groß-Stuttgart, von dem - vor allem in der letzten Zeit - so viel geredet und geschrieben wurde als von Zazenhausen. Haben wir uns aber vielleicht zu große Dinge aufgeladen und uns übernommen? Die Dinge haben wir uns aber nicht ausgesucht, sie waren schon da. Und wir wollen nicht mit ansehen, daß dieser Stadtteil immer mehr vernachlässigt wird." So - fast wörtlich - führte der 1. Vorsitzende des jungen Bürgervereins, Gerhard Herrmann, aus, der eine Interessengemeinschaft Zazenhäuser Bürger ("und daran wird nichts geändert!") und daher eine überparteiliche Vereinigung ist. Man habe ihnen zwar schon als "ergrauten Juso" bezeichnet, aber für das Wohl der Stadt und das Wehe von Zazenhausen fühle man sich voll verantwortlich.

In seinem Jahresbericht wies der Vorsitzende auf die vielen für Zazenhausen noch anstehenden Probleme hin. Er sagte, "Zazenhausen hat ganz normale Kinder, die in eine normale Schule gehen wollen", und so habe der Bürgerverein versucht, den Elternbeirat im Kampf um die Grundschule ("im unehrlichen Spiel des Oberschulamts") zu unterstützen. Man lasse sich nicht vor vollendete Tatsachen stellen. Gehard Hermann sprach auch die weitere Ortsausbauung des Stadtteils an und sagte dazu, da in Zazenhausen kein genügender Wohnraum vorhanden sei, zögen immer wieder junge Familien von hier weg, und daher wolle man eine volle Ortserweiterung erreichen, die nicht nur um den historischen Ortskern herum, sondern auch in den Hohlgrabenäckern und Gänslesäckern wohl möglich sei. Hier müsse man noch einen geeigneten Bauträger finden, der auch die Erschließungskosten übernehme.

Ein weiterer wichtiger Punkt für Zazenhausen sei die immer noch unzumutbare Geruchsbelästigung durch den Feuerbach, der als Schmutzwasserkanal bis Mühlhausen durchgeführt werde, wofür bereits die Arbeiten vergeben worden sein. Man habe auch bereits die Zusage, daß die Blankensteinstraße vorfahrtsberechtigte werde. Große Anstrengungen habe der Bürgerverein auch auf dem Gebiet der Verkehrsverbindungen gemacht. Der nun durchgeführte Verbundtarif Straßenbahn-Knisel sei bei auf beiden Seiten verhandenem guten Willen die zurzeit denkbar günstigste Lösung gewesen. Eine Straßenbahn-Omnibusverbindung nach Zazenhausen, wie sie nach vielen anderen Außenbezirken Stuttgarts bestehe, könne jetzt nicht erreicht werden, da der Vertrag mit der Firma Knisel noch bis 1977 laufe. Die Straßenverbindung nach Zuffenhausen sei ein gewisses Roulette, wegen der völlig ungenügend ausgebauten Ampelregelung am Friedhof.

Das schwierigste und wichtigste Problem für Zazenhausen seien aber die geplanten und fast feststehenden großen Verkehrsbauten im Norden, sagte Herrmann weiter. Diese "interessieren uns überhaupt nicht, denn sie haben auch keine Anschlussmöglichkeiten". Dieses Vorhaben, ein großes "Verkehrskarussell", bringe weitere Lärmbelästigung und Umweltverschmutzung mit sich.

Der Vorsitzende wies weiter darauf hin, daß man sich in Zazenhausen deshalb noch mehr um den Umweltschutz kümmern müsse, aber "elektrische Rasenmäher nehmen wir erst dann, wenn der Lärm vom Viadukt her gemildert wird". Zum Schluss seiner interessanten und beifällig aufgenommenen Ausführungen dankte der Vorsitzende den Behörden, den Stadträten und Bezirksbeiräten für bisher recht gute Zusammenarbeit und betonte dabei, daß das Verhältnis mit Zuffenhausen ausgezeichnet sei.

Anträge und Anfragen waren vor der Versammlung einige eingegangen, darunter eine Klage darüber, daß in der Kleingartenanlage laufend eine "private Müllverbrennungsanlage" betrieben werde, bei der es keinen Tag ohne Feuer gebe und Fenster überhaupt nicht mehr geöffnet werden könnten. Weiter sei beobachtet worden, daß der zur Uhlandschule in Rot führende Schulweg für die Kinder mehr gefährdet sei, als man allgemein annehme. Durch rücksichtsloses Fahren der Lastwagen von Speditionsbetrieben sei dieser Weg oft ganz versperrt.

Weiter wurde angefragt, wie man zum Beispiel spät abends ungefährdet nach Zazenhausen komme, wenn die Omnibuslinie nicht mehr verkehre. Andereswo gebe es "Ersatzfahrten" mit Taxis (Marienplatz -Degerloch), und hier wolle sogar kein Taxi mehr nach Zazenhausen fahren - es "lohne sich nicht".
In der anschließenden Diskussion, die oft einen lautstarken Charakter annahm, wurden auch anhand einer ausgehängten Skizze über das geplante "Verkehrskarussell" noch viele anstehenden Fragen beantwortet. Auch über die Straßenverschmutzung gab es eine rege Auseinandersetzung, und nicht zuletzt über die Ortserweiterung und die Auflösung der Grundschule. Dabei hörte man auch, daß das Oberschulamt den Bürgerverein als nicht kompetent abgelehnt habe. Der Bezirksbeirat mache aber dieses Spiel nicht mit, und das ganze Problem werde nun vom Kultusministerium behandelt. Für die "Aktion Schlotwiese" wurden viele Unterschriften abgegeben.

Der Vorsitzende forderte alle Mitglieder und Einwohner zur weiteren aktiven Mitarbeit auf, und zum Schluss sprachen die Bezirksbeiratsmitglieder Motz, Erhard, Rupp und Ziegler ihre weitere Unterstützung des Bürgervereins aus.

Eingangs der Versammlung, die gerade noch kurz vor Mitternacht beendet wurde, hörte man Auszüge aus dem Protokoll der Gründungsversammlung (Schriftführer Eberhard Heimerdinger, der aus persönlichen Gründen von seinem Posten entbunden werden wollte) und den Kassenbericht (Horst Winkler). Als Kassenprüfer wurden Kurt Drescher und Ernst Wellner und als neuer Schriftführer Rudolf Thom gewählt.

Von Kr., aus "Nord-Stuttgarter Rundschau", 09.04.1973

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