Die Wogen in der Kleingartenanlage glätten sich

Treffen auf dem Burgholzhof - Amtsvertreter und Hobbygärtner
diskutieren geplantes Biotop und versuchen,
einen gemeinsamen Nenner zu finden

Burgholzhof. Im Zug der Biotopverbundplanung möchte die Stadt im Kleingartengebiet Heide einiges verändern. Unter anderem sollen Stellplätze neu geordnet werden. Nachdem sich Vertreter der Verwaltung beim ersten Treffen harsche Krittik anhören mussten, haben sich bei einem Vorort-Termin die Wogen geglättet.

Hoch oben über den Dächern der Stadt und dem lärmigen Pragsattel gibt es ein kleines Idyll: Gut 100 Kleingärten liegen im Gebiet Heide. Seit Jahrzehnten und zum Teil über Generationen hinweg sind dort Hobbygärtner zu Gange. Viele von ihnen fürchten, dass ihr Idyll bald nachhaltig gestört werden könnte. Im Zuge der Biotopverbundplanung möchte die Stadt Grasstreifen und Streuobstwiesen aufwerten, ein ehemaliger Schaftriebweg soll biologisch zu neuem Leben erweckt werden. Dazu müsste auch die Stellplatzsituation neu geordnet werden. Zwar ist ein wildes Parken vor den Grundstücken ohne jegliche Rechtsgrundlage, dennoch war es bislang Usus, dass die Kleingärtner ihr heiliges Blechle direkt vor der eigenen Parzelle abstellten. Dem möchte die Verwaltung zukünftig Einhalt gebieten und circa 60 Stellplätze an drei verschiedenen Standorten konzentrieren. Nicht wenige der Anlieger fürchten dann lange Wege zu ihren Grundstücken. Außerdem, so die Argumentation, seien viele ältere Leute darauf angewiesen, so nah wie möglich zum Garten gebracht zu werden.

Um Platz für die geplanten Maßnahmen zu machen, müssten viele Kleingärtner ihren Zaun einige Meter zurückversetzen. Viele Eigentümer und Pächter haben im Lauf der Jahre ihre Parzellen in Richtung Zufahrtsstraße erweitert, obwohl das Gelände eigentlich der Stadt gehört. Die hat ihrerseits die betreffenden Bürger schriftlich aufgefordert, die Veränderungen rückgängig zumachen. Nachdem sich im März bei einem Treffen in der Zehntscheuer Vertreter aus Garten-, Friedhofs- und Forstamt sowie vom Amt für Umweltschutz herbe Kritik anhören mussten, haben sich nun die Wogen deutlich geglättet. Im kleinen Kreis gab es am Mittwoch einen Rundgang vor Ort, bei dem neue Ideen ins Spiel gebracht wurden. Bezirksvorsteher Wolfgang Meyle schlug beispielsweise vor, dass Kleingärtner die Patenschaft für das Grundstück vor ihrer Parzelle übernehmen und für dessen Pflege Sorge tragen könnten. Im Gegenzug müssten sie ihren Zaun nicht zurückbauen, auch wenn er auf städtischem Gebiet liegt. Offizielle Stellplätze, so eine weitere Idee, könnten auf dem Areal des angrenzenden Nato-Zauns entstehen. Der schützt momentan noch die amerikanischen Offiziershäuser, wird aber wohl bald abgebaut. Die Stadt hat das Areal nämlich der US-Armee abgekauft, um dort Wohnungen zu bauen. Ein weiterer Vorschlag, der am Mittwoch erörtert wurde, sieht eine mögliche Einbahnregelung des zentralen Zufahrtsweges vor, der durch einen Großteil der Anlage führt. In der Diskussion ist seit Mittwoch auch eine Sperrung des Goldbacher Weges in eine Richtung, damit von unten nicht mehr auf diesem Weg auf den Burgholzhof gefahren werden kann.

„Beim heutigen Treffen konnte einige Skepsis abgebaut werden", fasst Gartenbesitzer Thomas VV. Sperr zusammen. Man sei auf einem guten Weg, gegenüber dem ersten Konzept gebe es wesentliche Verbesserungen. Kleingärtner Herbert Hell zieht ebenfalls ein positives Fazit: „Wir sind froh, dass nichts über unsere Köpfe entschieden wird. Es ist gut, dass wir in den Prozess miteinbezogen werden." Günther Hertfelder vom Garten-, Friedhofs- und Forstamt kündigte an, die erarbeiteten Vorschläge zu prüfen. Nach den Pfingstferien soll es dann ein neues Treffen geben, um über das konkrete Vorgehen zu sprechen.


Über Probleme wie das wilde Parken diskutierten am Mittwoch
Amtsvertreter und Bürger in der Kleingartenanlage Heide.

Kommentar

Der richtige Weg

Von Bernd Zeyer

Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird - ähnlich kann man den Konflikt um die Kleingartenanlage umschreiben. Beim ersten Treffen im März war es noch hoch hergegangen. Adressaten für die Vorwürfe waren die Falschen. Die Mitarbeiter des Garten- und des Umweltamts haben lediglich den Schwarzen Peter, die Gemeinderatsbeschlüsse in die Tat umsetzen müssen. Umso positiver ist es, dass sich eben jene Mitarbeiter nun Zeitgenommen haben, mit den Kritikern einen zweistündigen Rundgang vor Ort zu unternehmen - in einem Fall sogar während des eigenen Urlaubs. Auf der anderen Seite kann man aber auch die Kleingärtner verstehen. Seit Jahrzehnten gibt es in der Anlage ungeschriebene Gesetze, die zwar nicht immer mit den amtlichen Vorschriften übereinstimmen, aber ganz gut funktioniert haben. In einer Zeit, in der Bürger beinahe täglich mit neuen Verordnungen konfrontiert werden und persönliche Freiheiten immer weiter beschnitten werden, ist es kein Wunder, dass einem irgendwann der Kragen platzt und man ein Ventil braucht, dem Ärger Luft zu machen. Das ist im März passiert. Das Treffen am Mittwoch hingegen zeigt, dass die Beteiligten auf dem richtigen Weg sind, den Konflikt sachlich zu lösen.

Text und Fotos von Bernd Zeyer
Stuttgarter Nachrichten vom 28.04.2007
www.stuttgarter-nachrichten.de

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