Stadt macht (un-)freiwillig Abstriche

Am Bisachgraben zeichnet sich
in der Grundstücksfrage keine Lösung ab -
Teillösung für Spielplatz

ZAZENHAUSEN. Der Vorsitzende des Bürgervereins hatte Anfang der achtziger Jahre vergeblich davor gewarnt, die Grünaue am Bisachgraben aus dem Bebauungsplan „Kirchäcker" auszuklammern. Doch die Mahnungen von Rudolf Thom verhallten ungehört. Ergebnis: Weil manche Eigentümer ihre Gärten am Bisachgraben zum von der Stadt gebotenen Preis nicht verkaufen wollen, wartet man in den Kirchäckern seit Jahren auf den versprochenen Spielplatz. Nachdem den Anwohnern von Nazarius- und Thomas-Münzer-Weg der Geduldsfaden riß, ist man auch im Stuttgarter Rathaus zu einem Kompromiß bereit. Im Frühjahr soll auf der städtischen Fläche entlang dem Bisachgraben ein Spielplatz angelegt werden.

Wurde die Entwicklung des „vergessenen Dorfes" in der Vergangenheit blockiert, so hatten zumeist die Landwirte ihre Finger im Spiel. Doch das Problem am Bisachgraben hat (ausnahmsweise) eine andere Ursache. Als der Bebauungsplan „Kirchäcker" aufgestellt wurde, klammerte die Verwaltung - unterstützt von Bezirksbeirat und Gemeinderat - ganz bewußt die angrenzenden Grundstücke entlang dem Bisachgraben aus. Auf dieser Fläche hatten die Planer bereits für die 130 neuen Einwohner Zazenhausens eine Grünanlage mit Spielplatz geplant. Gleichzeitig sollte der Bisachgraben renaturiert werden.

Mit seinen Bedenken stand der Bürgervereinsvorsitzende Rudolf Thom damals alleine: Über seinen Vorschlag, die Umlegung der Kirchäcker auf die Grünaue am Bisachgraben auszudehnen, wurde nur gelächelt. Der Grund: Die Zahl der Bauherren wäre gestiegen, nicht aber die verfügbare Fläche. Jeder Häuslesbauer hätte also aufgrund einer zwangsweise höheren Grundstücksabgabe mit einem kleineren Bauplatz vorlieb nehmen müssen.

Diese „gerechtere Lösung" (Thom) hätte der Stadt allerdings einigen Ärger erspart. Zunächst schien es gegen die Pläne der Stadt keinen Widerstand zu geben. Als das Liegenschaftsamt jedoch wenig später an die Eigentümer der Grundstücke entlang dem Bisachgraben herantrat, weigerten sich einige, zum angebotenen Preis ihre Grundstücke zu verkaufen. Wie befürchtet, sahen die Besitzer nicht ein, warum sie zu einem Bruchteil des Preises (35 Mark (18 €) statt 500 Mark (255 €) pro Quadratmeter ) auf ihre Grundstücke verzichten sollten, der nur einen Katzensprung entfernt im Baugebiet Kirchäcker gezahlt wurde.

Nachdem auch die Vermittlungsversuche von Bezirksvorsteher Wolfgang Meyle erfolglos blieben, warten die Kinder noch immer auf Sandkiste, Schaukel und Wippe. Deshalb haben sich die Zuffenhäuser Bezirksbeiräte in ihrer jüngsten Sitzung für eine von der Verwaltung vorgeschlagene Teillösung ausgesprochen. Nur der nördliche, bereits städtische Teil des Bisachgrabens soll für 7000 Mark (3580 €) als Grünanlage mit Spielplatz angelegt werden. Die Renaturierung des Bisachgraben, ist fürs erste aufgeschoben. Die Stadt will notfalls das übrige Gelände mit Hilfe der Gerichte in ihren Besitz bringen.

Der Hintergrund für diesen Kompromiß: Ganz ähnlich lagen die Dinge, als Anfang der achtziger Jahre mit Grundstückseigentümern im Wohngebiet Elbelen prozessiert wurde - einen Spielplatz sucht man bis heute vergeblich. Ganz freiwillig scheint sich die Stadt übrigens nicht eines Besseren besonnen zu haben: Die Anwohner von Nazarius- und Thomas-Münzer-Weg haben von der Stadt einen Teil der Erschließungskosten zurückgefordert. Schließlich findet sich in der von der Stadt ausgestellten Rechnung für die Erschließung der Kirchäcker auch ein Betrag für einen Spielplatz.


DIE ZUKUNFT der Grundstücke am Bisachgraben ist weiter ungewiß.
Fürs erste hat sich die Stadt auf einen Kompromiß eingelassen:
Die Grünanlage für das Neubaugebiet „Kirchäcker" (im Hintergrund)
wird auf einen Spielplatz reduziert. Foto: Walker

Von wa, aus einer Zeitung Oktober 1989

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