Zazenhausen kämpft ums Essen

co op-Filialschließung hinausgezögert - Aussprache hatte Erfolg

Der Bürgerverein Zazenhausen und das Zuffenhäuser Bezirksamt hatten zur Rettung des letzten Zazenhäuser Lebensmittelgeschäfts - eine Filiale der co op Schwaben - geblasen, rund 80 Bürger bekundeten bei einem Ausspracheabend im Vereinsheim des TV Zazenhausen ihr Interesse an der Erhaltung des Lebensmittelgeschäfts. Ergebnis: Für ein halbes Jahr wird der Konsum in Zazenhausen weiter geöffnet bleiben. Aus wirtschaftlichen Gründen hatte die Schließung gedroht. Harro Harring, co op-Verkaufsleiter: "Wir werden die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Filiale abwarten und in einem halben Jahr weitersehen." Unter wirtschaftlicher Entwicklung verstand Harro Harring eine durchschnittliche Monats-Umsatzsteigerung der Filiale im um 10.000 Mark von rund 60.000 auf 70.000 Mark.

"Der co op muss bleiben", betonte Bezirksvorsteher Walter Frank. Für die 1390 Einwohner des Zuffenhausen fahr er Stadtteils sei der co op der einzige Lebensmittelladen. Die Wege zum nächsten 5 Lebensmittelgeschäft sind weit, "zu weit für ältere Menschen und für Familien ohne Auto fahren ", erklärte Frank. Zum Einkaufszentrum Freiberg gehe man einen steilen Berg rauf, zu Fuß mindestens 20 Minuten. Nach Zuffenhausen dauere der Fußweg 30 Minuten, ein privater Bus fahre "nur so alle zwei Stunden".

Um die Schließung des Konsums zu verhindern, hat sich der Bürgerverein Zazenhausen an die 1300 und Einwohner gewandt. Anregungenen und Argumente sollten dazu beitragen, dass dieses Ladengeschäft erhalten bleibt. Der Bürgerverein ließ sich eine einzige Frage beantworten: " Ich würde im Zazenhäuser Konsum mehr einkaufen, wenn...", mit dem Ergebnis: "... wenn die Waren, insbesondere Obst und Gemüse, frischer wären; freundlicheres und geschultes, evtl. ortsfremdes Personal hier wäre; bei einem Umtausch mehr Toleranz geübt würde; Haltbarkeitsdaten (vorwiegend bei Milch, Käse, Joghurt, Quark) beachtet würden; die in der Tagespresse ausgedruckten Sonderangebote auch in der hiesigen Filiale zu bekommen wären; die Preise in Zazenhausen genauso wären wie in anderen co op-Filialen; nicht mehr frisches Obst und Gemüse billiger abgegeben würde, ehe es ganz verdorben ist; die Anordnung des Sortiments besser durchdacht wäre (Waschmittel neben Suppen und Soßen); ein größeres Sortiment vorhanden wäre."

28 Zazenhausen Bürger hatten die Frage des Bürgervereins mit diesen Argumenten beantwortet.

"Grundsätzlich", betonte Harro Harring, "sind wir dankbar für Kritik und Hinweise", die wirtschaftliche Komponente dürfe jedoch nicht außer acht gelassen werden. Der Umsatz in Zazenhausen decke nicht im geringsten die Kosten, die anfallen würden. Harring: "Es geht uns nicht um große Profite, sondern um die Deckung der Kosten. Das Versorgungsproblem in Zazenhausen ist uns gut bekannt, deshalb haben auch davon abgesehen, einfach das Geschäft zu schließen."

Pro-und Contra-Stimmen gab es zu den einzeln aufgeführten Ergebnispunkten der Umfrage. Es war ein Wechselspiel von Meinungen. Unterstellungen wie "unfreundliches Personal" gab's ebenso wie die Entlastung der Filialleiterin Margot Lorenz. Harro Harring u.a.: "Wir von der Geschäftsleitung haben in Margot Lorenz eine fleißige, umsichtige, korrekte Filialleiterin, sollten Kunden einmal nicht so zufrieden sein, wäre es das Beste, Differenzen mit Margot Lorenz persönlich zu bereinigen. Wir sind auf jeden Fall nicht bereit, wegen kleinen Unstimmigkeiten mit und durch Einzelne, Personalkonsequenzen zu ziehen." Bezirksvorsteher Walter Fink: "Den Umsatzrückgang der Filiale kann man nicht am Personal aufhängen."

Harro Harring informierte die Zazenhäuser über Warenangebot, Preise, klärte manches Missverständnis. Er betonte, man habe in allen co op-Filialen das gleiche Sortiment, "wir haben in allen unseren Geschäften die gleichen Preise, wir verkaufen die jeweils gleichen Artikel in Zazenhausen nicht teurer als in Stuttgart". Allein die Größe des Zazenhäuser Geschäfts sei ein Problem. Man könne auf einer Fläche von 100 Quadratmeter eben nicht das Gesamtsortiment anbieten. "Wir müssen begrenzen, können nur Ausschnitte des Gesamtsortiments zeigen."

Bezirksvorsteher Walter Frank appellierte an die Zazenhäuser ebenso ("Wenn der Laden nicht geschlossen werden soll, müßt ihr auch dort einkaufen.") wie an die Vertreter von co op, Geduld mit den Zazenhäusern zu haben. Es würde ja demnächst auch mit Ortserweiterung Zazenhausens weitergehen. Stimmen aus dem Publikum: "Sollte die co op-Filiale geschlossen werden, wird's in Zazenhausen auch bald kein Metzger, Bäcker und keine Drogerie mehr geben, da die Leute dann gezwungen sind, in anderen Orten einzukaufen. Dort decke man dann seinen Gesamtbedarf." Ein anderer Bürger: "Ein Geschäft müsse sich jedoch auch bemühen, so attraktiv wie möglich zu sein." Harro Harring abschließend: "Wir werden sehen, was wir verbessern können."

Das einzige Lebensmittelgeschäft für 1390 Einwohner in Zazenhausen wird vorerst nicht geschlossen. Die Geschäftsleitung der co op Schwaben zeigte Geduld, will die Umsatzentwicklung des Betriebes im nächsten halben Jahr abwarten. Unser Bild zeigt die co op-Filiale in der Schertelstraße 13 in Zazenhausen.

Von ho, aus einer Zeitung, Oktober 1978

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