Der erst kürzlich gegründete Bürgerverein Zazenhausen ist nun ordentlich "eingestiegen" und findet bei der Bevölkerung reges Interesse, was auch die Informationsveranstaltung am Freitag, 7. Mai, in der Turnhalle deutlich bewies. Tische und Stühle mussten noch herbeigeschafft werden - und trotzdem mussten noch viele Gäste mit einem Stehplatz vorlieb nehmen.
Der erste Vorsitzende des Bürgervereins, Gerhard Hermann, konnte Staatssekretär Haar, Bundes- und Landtagabgeordnete, Stadträte und Bezirksbeiräte herzlich willkommen heißen und schilderte nach Vorführung einige aktueller Farbdias die Lage der Stadtteils.
So sei Zazenhausen als Knotenpunkt für Bundesstraßen und Stadtumgehungs-Autobahnen vorgesehen, besonders betroffen von der B 27a (Münster-Kornwestheim ) und von der B 29 (Remstal-Mühlhausen mit Verbindungsnetz an die B 72a), unmittelbar neben bereits bebautem Gebiet, sowie von der kurz danach anschließenden Einführung an die B 10 und B 27.
Die Bundesbahn brauche rechts oder links der jetzigen Trasse Gelände, um die beschlossenen Schnelltrasse Mannheim-Stuttgart in die Linie nach Ulm einzufädeln, und weiteren Ausbau, wenn dieser bereits jetzt voll ausgelastete Streckenteil noch S-Bahnzüge aufnehmen müsste. Der Viadukt - nach Aussage der Bundesbahn bis zur äußersten Grenze belastet - wurde durch die bei Tag und besonders bei Nacht bestehende Lärmsteigerung für alle Bewohner - auch bei Bürgern in Rot und Freiberg - zum weiteren großen Ärgernis. Neubauten im Viaduktbereich können nicht genehmigt werden, da der dort gemessene Lärm und 1500 Prozent über den zulässigen Werten liege.
Der derzeitig noch gültige Flächennutzungsplan der Stadt werde, so Hermann, eine gesunde Entwicklung des Stadtteils Zazenhausen verhindern. Die Entwicklungsmöglichkeit sei auf Jahre oder gar Jahrhunderten völlig eingeschränkt.
Der Vorsitzende führte weiter aus, daß man kein Verständnis dafür habe, daß diese wohl älteste Siedlung im Norden Stuttgarts zum Aussterben verurteilt werde, obwohl Schule, Kirche, Kindergärten, Friedhof, Post, Sportstätten und Jugendheim vorhanden, aber bald gefährdet sein. Ein ausreichendes Angebot an Konsumgütern, ärztlicher Versorgung, öffentlichen Verkehrsmitteln sei unter diesen Umständen fast undenkbar: "Wir brauchen eine Ortserweiterung, die das Leben erhält, und wir wissen, daß wir dafür Opfer bringen müssen, aber wir wollen dafür nicht geopfert werden!"
Baubürgermeister Professor Bruckmann betonte in seinen Ausführungen, daß am Flächennutzungsplan noch einiges geändert werde, denn die seinerzeitigen Hochrechnungen lägen heute nicht mehr zugrunde. So könne auf die B 27 a verzichtet werden, wenn man die B 10 weiterbaue. Ein besonderes Kapitel sei die B 29, deren Ausbau wohl niemand in diesem Saal noch erleben werde. Für die Ortserweiterung bestehe für Zazenhausen eine frühzeitige weitere Vorbereitung für Erschließung von Baugelände.
Bezirksvorsteher Frank führte aus, daß durch den Wegfall der 27a schon einmal eine Umklammerung weggefallen sei. Die B 29 müsse weiter nach Norden verschoben werden, um weiteres Baugelände erschließen zu können. Um den Viaduktlärm einzudämmen, müsse baldigst etwas getan werden, wenn schon die Bundesbahn eine neue Brücke (10 bis 15 Millionen DM, ca. 7,7 Mio Euro) nicht errichten könne. Der Bezirksbeirat Zuffenhausen sei weiterhin bemüht, eine bessere Verkehrsverbindung zu schaffen und eine Ortserweiterung immer wieder zu befürworten.
Staatssekretär Haar vom Bundesverkehrsministerium ("Ich bin ein
Stuttgarter Früchtle!") freute sich eingangs über die "ganz
klaren Formulierungen", die ihm der Bürgerverein übermittelt
habe und kam nach allgemeinen Verkehrsfragen im Bunde auf den neuen Bundesfernstraßenplan
zu sprechen, bei dem Baden-Württemberg günstig abschneide. Die B
10 werde weitergebaut, in ihrer Führung von Zuffenhausen zum Schwanenplatz,
aber bis 1985 zurückgestellt. Die B 27 (Zuffenhausen-Kornwestheim) bleibe
in der vordersten Dringlichkeit, während die B 29 zunächst bis 1995
zurückgestellt werde. Was die Bundesbahn anbelange, so müsse man
darauf bestehen, daß sich die maßgebenden Herren den Bürgern stellen.
Ein baldiger Termin müsse jetzt unbedingt erreicht werden. Das war auch
die Meinung anderer Redner. Zum Viadukt sagte Haar: "Ich kann Ihnen keine
neue Brücke versprechen."
Peter Conradi (MdB) kündigte an, daß vor jeder Planung eine öffentliche
Anhörung in Zukunft gesetzlich zur Pflicht gemacht werde. Es müsse
sofort geprüft werden, welche schnelldämpfende Maßnahmen zur
Lärmbekämpfung beim Viadukt in Angriff genommen werden könnten.
Dies betonten auch weitere Diskussionsredner. Die Ortserweiterung bei der Kirche müsse schnellstens begonnen werden, eine Zusage auf 25 Jahre hinaus nütze niemandem etwas. Für den geplanten Bau der B 29 sollten weitere Verhandlungen mit Kornwestheim geführt werden, ebenso mit Vertretern der Bundesbahn (Viadukt und weitere Planungen ) - die sich von der Diskussion ferngehalten hatten.
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