Wortgefechte und Proteste
um die Nord-Ost-Ring-Brücke

Erörterungsverhandlung des Regierungspräsidiums
in Fellbach: Auch die kleinere Brücke bei Aldingen
findet bei Kritikern keine Zustimmung

Fellbach. Juristische Spitzfindigkeiten und Proteste betroffener Bürger sowie der Naturschützer beherrschten gestern die Erörterungsverhandlung für die geplante Neckarbrücke. Obwohl diese abgespeckt wurde, ist die Angst vor einem vierspurigen Nord-Ost-Ring präsent.

Michael Trippen ringt sich Geduld ab. Liberal führt der Vorsitzende der Erörterungsverhandlung die Diskussion wegen der neuen Neckarquerung bei Aldingen, hört sich auch verärgerte Stellungnahmen an, ist nicht kleinlich, wenn jemand ihm ins Wort fällt. Kein Argument soll ungehört bleiben. Er ist sichtlich bemüht, Zweifel an seiner Neutralität zu zerstreuen. Manche Redner zweifeln dennoch, denn er kommt aus derselben Behörde wie Baudirektor Andreas Hollatz, der die neuen Pläne erarbeitet hat und rechtfertigt: aus dem Regierungspräsidium (RP), nur aus einer anderen Abteilung.

Aber es sind Trippen und seine Mitarbeiter, die bis zum Jahresende entscheiden, ob die umstrittene Brücke und die anschließende Straße den Neckarhang hoch samt dem Ausbau der vorhandenen Straße vom Tennhof bis zur so genannten Todeskreuzung bei Oeffingen geplant werden durfte, ob sie erforderlich ist, sinnvoll, an der richtigen Stelle in die Landschaft platziert. Schon Ersteres bezweifeln Rechtsanwälte der Stadt Kornwestheim genauso wie der Rechtsvertreter von Fellbachs Alt-OB Friedrich-Wilhelm Kiel: Das Land habe anfangs ein Teilstück des Nord-Ost-Rings geplant, einer Bundesstraße. Das sei nicht die Kompetenz des Regierungspräsidiums. Und wer wie Regierungspräsident Udo Andriof glaubt, mit der am Freitag verkündeten kleineren Brücke sei der Konsens greifbar nah, irrt sich, sagt Kornwestheims Baubürgermeister Michael Köpple.

Die Bürger halten die Pläne für eine Mogelpackung, leicht umzubauen in eine Autobahn. Helmut Wickleder aus Oeffingen: „Wir wollen nicht den Lastwagenverkehr von Rotterdam nach Mailand." Planer Hollatz bleibt die Antwort schuldig, wie viel es kosten würde, die neue Brücke autobahntauglich zu gestalten. Millionen von Euro wären das, deutet er einmal an. Aber er sagt auch klar, dass es nicht unmöglich ist, aus der Landesstraße ohne Seitenstreifen doch noch eine Autobahn zu bauen. Zur Debatte stehe dies „zurzeit" nicht mehr. Er versucht ebenso wie Verhandlungsleiter Trippen zu beruhigen, dass dafür doch auf Jahre hinaus bei der Bundesregierung das Geld fehle.

Beschlüsse fallen in der Erörterung nicht. Doch die Rechtsanwälte sammeln Ansätze für eine Klage. Das wäre die letzte Chance, wenn das RP bis zum Jahresende den Planfeststellungsbeschluss fällt. Am Nachmittag versuchen Kornwestheim, die Stadt Fellbach, vertreten durch den Ersten Bürgermeister Hans Müller, und auch Alt-OB Kiel zu beweisen, dass eine andere Neckarbrücke mehr Menschen von Lärm und Abgasen entlastet als die geplante. Die in geringem Abstand zur bestehenden Brücke bei Neckarrems entstehende Neckarquerung könne aber den Verkehr nicht alleine aufnehmen, halten die Straßenplaner dagegen. Die Stadt Remseck stemmt sich wiederum gegen zwei vielbefahrene Brücken an dieser Stelle. Straßenplaner Hollatz behauptet, der Brückenstandort südlich von Aldingen sei ideal; sein Team hätte ihn auch ohne Nord-Ost-Ring dorthin gelegt.

Von Hans-Dieter Wolz,
Fellbacher Zeitung vom 19.07.2007
www.stuttgarter-nachrichten.de

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