Von unserem Redaktionsmitglied Peter Schwarz
Sie tritt ans Mikrophon, gestrafft von der Anspannung. Die SPD-Landtagsfraktion beantrage,
sagt Katrin Altpeter, das Planfeststellungsverfahren für die umstrittene
Neckarquerung bei Aldingen zu stoppen die Brücke
sei viel zu groß konzipiert, diene als Einstieg in einen autobahnähnlichen Stich
durchs ökologisch wertvolle Schmidener Feld, ziehe überregionalen Verkehr
an. Wer das nicht will, spitzt Altpeter mit kalkulierter Schärfe zu, muss Stopp sagen.
Die Falle für Palm ist gestellt. Denn er hat sich in der Vergangenheit
ja ebenfalls oft gegen diese Brücke und die drohenden Folgen ausgesprochen, hat
bei Info-Veranstaltungen den Regierungspräsidenten Udo Andriof und seine
Helfer mit der rhetorischen Verve eines Volkstribuns regelrecht vorgeführt,
sich zum Frontmann der Kritiker gemacht und Altpeter in der öffentlichen
Debatte die Schau gestohlen. Die SPD, munkelten Beobachter, klar, die
ist sowieso dagegen, wen interessiert das schon. Aber die CDU - die hat
was zu sagen. Und Palm nutze das Gewicht seiner Stimme geschickt. Aber
jetzt - wie will er rauskommen aus dieser Nummer? Er kann ja nicht gut gemeinsam
mit der SPD dem von CDU - Andriof geleiteten Regierungspräsidium einen
derart kapitalen Misstrauensknüppel zwischen die Beine werfen, einerseits.
Andererseits: Kann er gegen die Brücke sein - und dann,
wenn's zum Schwur kommt, dafür stimmen, dass sie weitergeplant wird?
Manche hatten vor der Sitzung gemutmaßt, womöglich werde Palm
kneifen und auf Grund wichtiger Oberbürgermeister-Verpflichtungen
verhindert sein. Aber da sitzt er, aufrecht, gesammelt- und steht auf
und geht ans Mikro. Er, der Brückenskeptiker, hat offenbar innerhalb
seiner Fraktion das Recht erstritten, für sie alle zu reden.
Diese Brücke muss eine signifikante Verkleinerung ihrer Dimension erfahren.
Sofern die Landesregierung dies zusagen kann", sehe er keinen Grund,
sich Altpeters Planstopp-Antrag anzuschließen... Fein gekontert. Fehlt bloß noch die Zusage.
Staatssekretär Rudolf Köberle tritt ans Rednerpult. Die geplante
Brücke sei richtig, die "gewählte Konzeption sinnvoll". Aber er könne "eindeutig
zusagen", dass während der weiteren Planfeststellung eine Abspeckung "
geprüft" wird. Nochmal: "Das ist die Zusage - dass dieses
Thema konkret und offen geprüft wird. "
Und das soll eine Abspeckungs-Zusage gewesen sein?! Altpeter ergreift das Wort,
aufgebracht wirkt sie und auch etwas ratlos. Wer gegen die bisherige Brückengröße
ist, muss das Planungsverfahren stoppen, ruft sie, wiederholt sie, wiederholt sie nochmal.
Die Stimmung gischtet auf. Palm schwanke "wie
ein Fähnchen im Wind", schallt es von den SPD-Bänken. Altpeter
argumentiere nicht auf Landtagsniveau, das sei "Kreistag!",
ruft's von der CDU her. Altpeter beantragt die namentliche Abstimmung.
" Nein", antwortet Palm entschlossen auf die Frage, ob er für den
SPD-Antrag sei. Die CDU und die FDP wischen Altpeters Vorstoß geschlossen vom
Tisch.
Das Planfeststellungsverfahren läuft weiter.
Danach: "Der volle Treppenwitz", hadert Altpeter, "ein Lehrstück
- genauso läuft es" in der Politik. Palm, der immer so sprachmächtig
gegen die Brücke gekämpft hat, gebe sich nun, wenn es drauf
ankommt, mit "Zusagen" zufrieden, die keine sind.
Nein, sagt Palm, das sei kein vages Ausweichen von Köberle gewesen.
Um zu ermessen, "wie es gemeint war, muss man die Regierungs-Nomenklatura
verstehen". Ein Staatssekretär könne in solch einer Situation
nicht gar zu konkret werden. Dass Köberle sich zumindest zwischen
den Zeilen so stark in das Tun einer Verwaltungsbehörde eingemischt
habe, sei bereits ein außergewöhnlicher Vorgang. "Ich
bin absolut sicher, dass es jetzt in die richtige Richtung läuft.
Ich setze ganz stark darauf, dass es im laufenden Verfahren möglich
ist, die Brücke zu verkleinern. "
Er klingt, als wolle er seine eigenen Zweifel hinwegbeschwören.
Viele loben Palm für sein politisches Talent. Er wirkt wie hineingeboren
in das Wissen um alle taktischen Register. Mit natürlicher Eleganz
weiß er sich kraftvoll zu positionieren oder gewandt ins Ungefähre
davonzulavieren, kann umarmend sein oder lustvoll polemisch. Er weiß, wie es geht.
Er verkörpert damit auch den geschmeidigen Gegenentwurf zum Politikstil
von Katrin Altpeter, die immer so verlässlich und berechenbar wirkt in ihren
Positionen, ihrer Leidenschaft und ihrer ohnmächtigen Oppositionsbänklerinnen-Wut.
Die Brücke könnte Palms Meisterstück werden: Wird sie tatsächlich
massiv abgespeckt, steht er als brillanter Stratege da, der erst wohlkalkuliert die
Konfrontation, suchte, um dann im richtigen Moment den Kompromiss zu finden.
Falls sich Köberles so genannte Zusage als laue Luftnummer entpuppen sollte,
wäre Palm allerdings bitterlich blamiert: als einer, der sich selbst austrickste.
www.katrin-altpeter.de |
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