Panne im Waiblinger Baudezernat

Einwände gegen geplante Neckarbrücke
zu spät beim Regierungspräsidium eingereicht

WAIBLINGEN. Die Stadt Waiblingen hat es versäumt, ihre Einwände gegen die geplante so genannte Andriof-Brücke über den Neckar bei Remseck rechtzeitig einzureichen. Im Gemeinderat gab es dafür heftige Kritik.

„In einer professionell arbeitenden Verwaltung darf so ein Lapsus eigentlich nicht passieren", sagte gestern Martin Staab, der Erste Bürgermeister der Stadt Waiblingen, auf Anfrage unserer Zeitung. Er bezieht sich darauf, dass die Verwaltung es versäumt hat, ihre Einwände Planfeststellungsverfahren zur Neckarbrücke fristgerecht beim Regierungspräsidium einzureichen. Erst am 19. Oktober vergangenen Jahres, einen Tag nach Ablauf der Anhörungsfrist, war das Schreiben dort eingegangen.
„Ich war es, das muss ich auf meine Kappe nehmen. Das ist nicht entschuldbar", sagte die Baubürgermeisterin Birgit Priebe. Sie übernimmt die Verantwortung für das Versäumnis. „Im Traum nicht" hätte siebefürchtet, das Schreiben könne zu spät eingehen. Am 17. Oktober habe sieden Umschlag per Einschreiben aufgegeben. Offenbar hat sie die Postlaufzeitunterschätzt. Doch damit nicht genug: das Baudezernat versäumte zudem, das Schreiben zusätzlich per Fax an das Regierungspräsidium zu senden, obwohl laut Priebe „jeder Mist extra rausgefaxt" werde. In der nun von der Verwaltung präsentierten Stellungnahme wird als Entschuldigung der Zeitdruck angegeben, der durch die „Formulierung der Einwände mit juristischer Hilfe" entstanden sei.
Anfang Februar habe die Verwaltung vom Regierungspräsidium erfahren, dass die Frist versäumt worden sei. Alle Bemühungen, die Sache nachträglich geradezurücken, seien gescheitert, erklärt Priebe. Zwar würden „die von der Stadt geltend gemachten Einwände vom Regierungspräsidium im laufenden Planfeststellungsverfahren ordnungsgemäß abgewägt", heißt es in einer Gemeinderatsvorlage. Eine mögliche Klage gegen das umstrittene Projekt, das nach dem Regierungspräsidenten Udo Andriof auch Andriof-Brücke genannt wird, ist durch die Verspätung jedoch verwirkt - außer, es kommt zu einer Planänderung in dem Verfahren. Dann würde eine neuerliche Anhörung der Kommunen anberaumt, was der Stadt den Klageweg doch noch öffnen würde.
Oberbürgermeister Andreas Hesky weiß, dass die Panne für sein Rathaus „kein Ruhmesblatt" ist. Aber „wo gearbeitet wird, machen Menschen Fehler", sagte er gestern. Doch die Stadträte sind ungehalten. Klaus Riedel, der Vorsitzende der SPD-Faktion, nennt das Versäumnis sogar „eine Katastrophe, die in einer professionellen Verwaltung nicht geschehen darf". Zumal sich der Gemeinderat am 10. Oktober eigens zu einer Sondersitzung getroffen habe, „um die Frist einzuhalten". Damals habe das Gremium lange um eine Einigung bei der Stellungnahme gerungen. Man habe sich zudem eigens darauf verständigt, den Weg einer Klage für die Stadt offen zu halten.
Doch ist es nicht allein der „unverzeihliche Fehler", der Riedel in Rage bringt. „Noch ärgerlicher" sei die Tatsache, dass die Verwaltung mit der Sache erst an die Öffentlichkeit gegangen sei, „nachdem ich einige Wochen gebohrt habe". Bisher war über den Lapsus nur in nicht öffentlichen Sitzungen diskutiert worden. „Wenn man einen Fehler macht, sollte man ihn auch so schnell wie möglich eingestehen", sagte Riedel.
Oberbürgermeister Andreas Hesky sieht die Position der Stadt Waiblingen, was das Planungsverfahren für die Brücke angeht, „nicht dramatisch verschlechtert". Er frage sich ohnehin: „Hätte ich denn überhaupt gegen die Brücke klagen wollen?"

Kommentar

Waiblinger Verwaltungs-Lapsus

Peinlich

Von Jürgen Veit

Mit dem Lapsus, die Anhörungsfrist zur geplanten Neckarquerung verstreichen zu lassen, hat sich die Stadt Waiblingen eine große Peinlichkeit erlaubt. Schließlich handelt es sich bei der Brücke um eines der zentralen Straßenbauprojekte in der Region, von dem die Verkehrssituation Waiblingens künftig maßgeblich beeinflusst werden wird. Oberbürgermeister Andreas Hesky versucht zwar, die Folgen der Panne herunterzuspielen, indem er sagt, die Position seiner Stadt habe sich „nicht dramatisch verschlechtert". Doch das ist eine Verniedlichung der Situation, denn Waiblingen hat keinen Einfluss mehr auf das Verfahren des Regierungspräsidiums.
Eine mögliche Klage gegen das umstrittene Bauwerk ist durch das Versäumnis im Baudezernat verwirkt. Leitet beispielsweise die Nachbarstadt Fellbach rechtliche Schritte gegen die Andriof-Brücke ein, steht die Waiblinger Verwaltung staunend daneben, auch wenn Hesky unterschwellig durchblicken lässt, man habe nicht ernsthaft in Erwägung gezogen, gegen das Projekt zu klagen.
Zugegeben, ein solcher Fehler darf nicht, aber er kann passieren. Doch wäre es dann angebracht, den Patzer so rasch wie möglich einzugestehen und ihn nicht unter den Teppich zu kehren. Die Stadt Waiblingen hat ihr Fehlverhalten zwar in nicht öffentlich tagenden Gremien debattiert, es aber erst nach Wochen publik gemacht. Die Verzögerung macht den Fehler nicht weniger peinlich.

Von Jürgen Veit
Stuttgarter Zeitung vom 05.05.2007
www.stuttgarter-zeitung.de

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