Kompromiss-Signale im Streitfall Nordostring

Meinungsbildner scheinen sich von der großen Lösung
durchs Schmidener Feld zu verabschieden - Rest-Skepsis bleibt.

Mächtig Dynamik ist in den vergangenen Wochen in die heillos verfahrene Streitsache Nordostring gekommen, ein Kompromiss liegt förmlich in der Luft, kein Stich durchs Schmidener Feld, dafür bessere Verknüpfung der Räume Ludwigsburg und Fellbach/Waiblingen durch Nutzung und Ausbau weit gehend bestehender Straßen. Skeptiker halten den Halbfrieden aber für trügerisch. Bevor IHK-Präsident Claus Paal seinem Wunschprojekt "vier-spurige Straße durchs Schmidener Feld" abschwöre, werde eher der Papst die Schwulenehe für Kurienkardinäle einführen - so hatten Nordostring-Gegner noch vor Monaten gehöhnt. Und dann, um die Jahreswende, erklärte ausgerechnet Paal: "Wir sollten den von vielen als Gespenst empfundenen vierspurigen Nordostring endlich beerdigen, auch wenn er richtig und notwendig wäre. Er wird ohnehin in absehbarer Zeit nicht gebaut. Konzentrieren wir uns lieber auf eine schnell zu realisierende zweispurige Lösung.“

Kurz darauf preschte auch Landrat Johannes Fuchs vor: Nötig sei zwar eine bessere Verbindung für den regionalen Verkehr zwischen Waiblingen/Fellbach und Kornwestheim/Ludwigsburg dabei dürfe aber keine Ersatzautobahn entstehen, die den Fernverkehr anlockt. Deshalb plädierte Fuchs dafür, keinen Asphaltriegel durchs Schmidener Feld zu legen, sondern den Weg auf weit gehend bestehenden Straßen ums Feld herumzuführen. Und eine zweite Neckarbrücke in Remseck sei zwar nötig - es müsse aber nicht die vom Regierungspräsidenten favorisierte, mächtig dimensionierte und vom Trassenverlauf förmlich nach einer Fortführung durchs Schmidener Feld schreiende "Andriof-Brücke" sein. Der Landrat ist bekannt dafür, dass er in der Regel behutsam in vielen informellen Gesprächen vorherrschende Stimmungen auslotet, bevor er aus der Deckung kommt. Und auch sonst, verkünden die Buschtrommeln, tue sich derzeit allerhand hinter den Kulissen: Paal werbe für einen Kompromiss, und auch der Waiblinger Oberbürgermeister Andreas Hesky, früher der Nordostring-Idee nicht gänzlich abgeneigt, arbeite mit Hochdruck an einer gemeinsamen Linie, die alle Bürgermeister von Remseck über Fellbach bis Weinstadt und Schorndorf mittragen könnten. Der FDP-Landtagsabgeordnete Ulrich Goll und sein CDU-Kollege und Fellbacher OB Christoph Palm liebäugeln sowieso schon lange mit einer kleinen Lösung. Und die SPD-Landtagsabgeordnete Katrin Altpeter kämpft seit je wie eine Löwin gegen den Stich durchs Schmidener Feld, weil der landwirtschaftlich extrem wertvolle Böden zerstöre, den Fernverkehr anziehe und dadurch das gesamte Remstal belaste. Eine ganz große Koalition bahnt sich da an.

Die Umwelt-Initiative "Arge Nord-Ost" bejubelt in einer Pressemitteilung gar schon das "endgültige Aus für einen vierspurigen Nordostring". Das könnte dann aber doch etwas voreilig sein. Es sind sich ja bei weitem nicht alle einig: Der CDU-Bundestagsabgeordnete und einflussreiche Regionalparlamentarier Joachim Pfeiffer zum Beispiel will eine vierspurige "Ausbauoption" unbedingt gewahrt wissen. Und Regierungspräsident Udo Andriof verhält sich bislang auffällig schweigsam gegenüber allen Vermittlungsversuchen. Das Planfeststellungsverfahren, mit dem das RP auf die Andriof-Brücke zusteuert, läuft derweil weiter. Das Planfeststellungsverfahren sofort stoppen, fordert die SPD in der Raumschaft, vertreten durch ihre Landtagsabgeordneten, regionalen Verkehrspolitiker und Gemeinderatsfraktionen aus Remseck, Waiblingen und Fellbach, zieht daraus eine krachende Konsequenz und fordert via Pressemitteilung "die sofortige Beendigung des Planfeststellungsverfahrens", das "realisierbare Lösungen blockiert". Stattdessen müsse jetzt eine Verkehrsführung auf weit gehend bestehenden Straßen nebst einer gegenüber der Andriof-Variante deutlich abgespeckten und anders trassierten zweiten Neckarbrücke konkret angepackt werden. Und obendrein regen die Sozialdemokraten einen "schienengebundenen ÖPNV von Fellbach/Waiblingen über Remseck nach Kornwestheim/Ludwigsburg" an, sprich: eine S-Bahn-Verbindung.

Von Redaktionsmitglied Peter Schwarz Waiblingen
Waiblinger Kreiszeitung vom 10.02.2007
www.waiblinger-kreiszeitung.de

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