Widerstand gegen Neckarbrücke

Fellbach und Waiblingen lehnen Pläne
von Regierungspräsident Andriof ab

Fellbach/Waiblingen - Die beiden großen Städte im vorderen Remstal lehnen die von Regierungspräsident Udo Andriof angepeilte neue Neckarbrücke strikt ab - wenn auch aus höchst unterschiedlichen Motiven.

Der Abwehrkampf der Stadt Fellbach gegen den Nordostring und die Neckarbrücke als möglichen Einstieg in eine vierspurige Autobahn auf dem Schmidener Feld dauert schon Jahre. Schnell war sich deshalb der Gemeinderat am Dienstag einig im Widerstand gegen das vom Regierungspräsidium eingeleitete Planfeststellungsverfahren.

Angeprangert wurde beispielsweise, dass Verkehrsuntersuchungen fehlten, Alternativstrecken missachtet oder Natur- und Umweltaspekte ignoriert würden. Der Regierungspräsident, so tadelte CDU-Fraktionschef Hans-Ulrich Spieth, habe "in einer "Hauruckaktion versucht, uns zu übertölpeln". Doch Fellbach habe mit seiner Argumentation eine "scharfe Waffe" gegen die Brücke in der Hand. An der Fellbacher Gegenstrategie, so hieß es am Dienstagabend, werde sich Andriof "die Zähne ausbeißen".

Stattdessen setzt Fellbach verstärkt auf die "Variante Remseck": eine zweite, erheblich billigere und mit "hohen ökologischen Vorteilen" versehene Brücke, rund 400 Meter südwestlich parallel zur bestehenden Brücke in Neckarrems gelegen. Für einen Nordostring bringt diese Variante aber gar nichts, weshalb das Regierungspräsidium den Vorschlag einst schnell ad acta legte.

Abgelehnt wird der Andriofsche Brückenvorstoß auch in Waiblingen. Doch die Einigkeit im Gemeinderat endet bei dieser pauschalen Zurückweisung. OB Andreas Hesky und die bürgerlichen Fraktionen sind nur deshalb gegen die Neckarquerung, weil sie als "Solitär" geplant ist. Um den Ortsteil Hegnach von weiteren 9000 Autos täglich zu verschonen, käme eine Hegnacher Südtangente oder die Fortführung der Waiblinger Westumfahrung übers Schmidener Feld bis zur neuen Neckarbrücke in Frage, beides im Tunnel. Die SPD indes sperrt sich gegen die Vorschläge. "Ich blicke manchmal neidvoll nach Fellbach", seufzte jetzt ein Gemeinderat in Anspielung auf die große Einigkeit beim Nachbarn im Westen.

Auch in Kornwestheim gab's ein klares Nein zur Andriof-Brücke. Die sei in Wahrheit eine "verkappte Bundesstraße", um den Nordostring eben doch durchzudrücken, schimpfte Oberbürgermeister Ulrich Rommelfanger. Die "Variante Remseck" sei zudem allzu früh aufgegeben worden, hieß es am Dienstag im Technischen Ausschuss.

In Remseck selbst kommt die Einmischung der Nachbarn nicht gut an. Niemand sollte Remseck ernsthaft eine weitere Brücke in der Ortsmitte empfehlen, reagiert OB Karl-Heinz Schlumberger auf einen entsprechenden Vorschlag des Fellbacher FW/FD-Fraktionsvorsitzenden Ulrich Lenk, das wäre "ein Schildbürgerstreich ohnegleichen". Derzeit seien es täglich 34 000 Autos auf der bestehenden Neckarbrücke, künftig womöglich mit einer zweiten Brücke in unmittelbarer Nähe sogar 50 000 Fahrzeuge, das sei in Remseck "nicht durchsetzbar". Für Schlumberger liegt die alleinige Lösung der Verkehrsprobleme in der Variante C 1, also in der Andriof-Brücke.


Die vom Regierungspräsidium forcierte Neckarquerung beginnt beim Klärwerk in Stuttgart-Mühlhausen (li.)
und streift auf der anderen Seite den Oeffinger Scillawald (re.). Foto: StN/Grafik: Emmer

Von Dirk Herrmann,
Stuttgarter Nachrichten vom 12.10.2006
www.stuttgarter-nachrichten.de

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