Beschwerde gegen Regierungspräsidenten

Waiblingen (jüv). Wegen der Planung und Durchsetzung des Nord-Ost-Rings und der L-1197-Neckarquerung als "erstem Bauabschnitt" desselben steht dem Regierungspräsidenten Udo Andriof eine Fachaufsichtsbeschwerde ins Haus. Diese haben der Waiblinger SPD-Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer und die Landtagsabgeordnete Katrin Altpeter (SPD) beim Innenministerium eingelegt. Sie werfen Andriof "fachliches Fehlverhalten" vor.


Dr. Udo Andriof

Die Beschwerde stütze sich auf drei Punkte: die fehlende Rechtsgrundlage für die so genannte Andriof-Brücke bei Remseck, die Unterlaufung des Planungsverbots für den Nord-Ost-Ring sowie die Verletzung der Neutralitätspflicht. Im Generalverkehrsplan des Landes sei die Neckarquerung schließlich nicht vorgesehen. Folglich hätte Andriof nicht planen dürfen. Zudem werde mit diesem Vorhaben das Planungsverbot für den Nord-Ost-Ring unterlaufen. Dieses bestehe, weil der Bund die Straße im Bundesverkehrswegeplan in den weiteren Bedarf eingestuft habe. Doch genau auf dieser Trasse plane Andriof eine Brücke.

Ferner stört die beiden Parlamentarier, dass das Regierungspräsidium für die Planung der Brücke 25.000 Euro als "Beitrag" von der Industrie- und Handelskammer angenommen habe. Diese verbinde damit einen beschleunigten Einstieg in das Vorhaben. Mit der Annahme dieses Geldes habe Andriof seine Neutralitätspflicht verletzt, so Altpeter: "Hauptsächlich die Wirtschaft will den Ring, die übergroße Mehrheit der Menschen in der Raumschaft braucht und will ihn und seinen ersten Bauabschnitt nicht."

Fellbacher Zeitung vom 10.10.2006
www.stuttgarter-nachrichten.de

www.katrin-altpeter.de

www.hermannscheer.de

Weiteres aus der Presse:

Fachaufsichtsbeschwerde gegen Udo Andriof

Katrin Altpeter und Hermann Scheer (SPD) wollen dem Nordostring-
Treiben des Regierungspräsidenten nicht "tatenlos zusehen"

Waiblingen (pes). Der Waiblinger Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer (SPD) und seine Landtagskollegin Katrin Altpeter haben beim Landes-Innenministerium Aufsichtsbeschwerde gegen Udo Andriof eingelegt: Der Regierungspräsident plane ohne Rechtsgrundlage an der Neckarbrücke bei Aldingen, unterlaufe das Planungsverbot in Sachen Nordostring und verletze seine "Neutralitätspflicht".

Drei Vorwürfe sind es, die Scheer und Altpeter erheben. Erstens: Im Generalverkehrsplan des Landes sei zwar das Vorhaben einer zweiten Brücke über den Neckar abgesegnet und zwar als Maßnahme des "vordringlichen Bedarfs" - aber diese Flussquerung sei im Planwerk mehrere Kilometer weiter nördlich angesiedelt als die vom Regierungspräsidenten seit geraumer Zeit propagierte "Andriof-Brücke"; nämlich in Remseck statt südlich von Aldingen. Für die Andriof-Brücke fehle es also an einer planungsrechtlichen Grundlage. Zweitens: Die Andriof-Brücke liegt genau auf der Trasse des Nordostrings - und für den gebe es sogar ein explizites Planungsverbot, da der Ring im Bundesverkehrswegeplan nur in der Rubrik "erweiterter Bedarf" geführt wird. Drittens: Zur Finanzierung der Andriofbrücken-Planung hat das Regierungspräsidium 25 000 Euro von der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart angenommen, die massiv für den Nordostring ist.

Damit, sagen die beiden SPD-Parlamentarier, habe Andriof "die Neutralitätspflicht verletzt, die in der Landesverfassung für alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes festgeschrieben ist. Wir halten das für einen sehr schwer wiegenden Vorgang, der möglicherweise über die Beschwerde hinaus noch weiter juristisch überprüft werden muss."Die IHK mache ja noch nicht einmal einen Hehl daraus, dass es ihr bei ihrem 25 000-Euro-Zuschuss nicht bloß um eine Neckarbrücke zur örtlichen Verkehrsentlastung geht. In einer Broschüre mit dem Titel "Das haben wir für Sie erreicht" schreibt die IHK an ihre Mitglieder: "Beteiligung mit 25 000 Euro an den Planungskosten für eine Neckarbrücke bei Remseck als Teilstück eines von der IHK geforderten Nord-Ost-Rings um Stuttgart". Die IHK hat dem Brückenplaner Andriof jüngst via Pressemitteilung ein "hervorragendes Zeugnis" ausgestellt - kein Wunder, finden Scheer und Altpeter: Das Regierungspräsidium habe den ursprünglichen und im Generalverkehrsplan verankerten Brücken-Standort, die nicht den Vorstellungen der IHK entsprechen, frühzeitig verworfen und in einem Erläuterungsbericht zu ihren Planungen selbst eingeräumt: Sie habe die ursprüngliche und im Generalverkehrsplan verankerte Brückenkonzeption, die nicht als Einstieg in den Nordostring taugt, "nicht in dem Detaillierungsgrad untersucht" wie die ringtaugliche Andriof-Brücken-Variante.

Dass "regionale Wirtschaftslobbyisten" das Projekt Nordostring massiv fördern, sei Ausdruck einer "moralischen Schieflage", sagen Scheer und Altpeter. "Die Motivation der Unternehmen ist klar: In den letzten Jahrzehnten hat die Wirtschaft immer mehr Güterverkehr auf die Straße verlagert. Im Rahmen des Just-in-time-Prinzips sollten so Lagerkosten gespart werden. Dies hat zwangsläufig zu einer enormen Zunahme des Güterverkehrs geführt." Die Straße wird zum mobilen Lager - und die Kosten für die Lagerhaltung werden verlagert von den Unternehmen auf die Allgemeinheit, die ja die Straßen finanziert. In dieses Bild passe der "Gigaliner" von DaimlerChrysler mit einem zulässsigen Gesamtgewicht von 60 Tonnen statt der bisher üblichen 40 Tonnen. Er werde der Wirtschaft helfen, Transportverkehr von der Schiene und dem Wasser zurück auf die Straße zu verlagern. Kurzum: "Die Unternehmen sparen" und "erhöhen die Gewinne", während "die Allgemeinheit dafür zahlt".

Der Nordostring diene "nahezu ausschließlich wirtschaftlichen Interessenlagen"; die "Mehrheit der Bevölkerung in der Raumschaft braucht und will diesen Ring und seine Vorstufen nicht". Andriof-Brücke und Nordostring seien für den Individualverkehr nicht nötig - denn der werde "tendenziell eher abnehmen", sagen Scheer und Altpeter. "Grund dafür sind die steigenden Benzinkosten und die demografische Entwicklung."Scheer und Altpeter bilanzieren: Die Andriof-Brücke sei "ein Sakralbau des Straßenbauwahns, eine betonstrotzende Huldigung an das längst untergegangene Zeitalter unbegrenzter automobiler Fortbewegung. Wer diese Brücke bauen will, baut für die Vergangenheit und gegen die Zukunft."

Waiblinger Kreiszeitung vom 10.10.2006
www.zvw.de

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