Nordostring: 500 Bauern und Naturschützer protestieren

Lokaltermin mit Regierungspräsident in Fellbach

Fellbach - Der Widerstand gegen die von Regierungspräsident Udo Andriof forcierte Neckarbrücke wächst. 500 Bauern und Naturschützer protestierten am Dienstag gegen das Vorhaben.

Ursprünglich wollte sich Andriof in kleiner Runde mit den Landtagsabgeordneten der Wahlkreise Waiblingen und Ludwigsburg zur Besichtigung der Trasse der neuen Brücke und des künftigen Nordostrings treffen. Stattdessen wird er am Dienstagnachmittag bei den Sportplätzen des TV Oeffingen von lautstarken Demonstranten in die Mangel genommen. Mit Transparenten stellen sie sich Andriof in den Weg, aus der auf einem umgebauten Mofa befestigten Box dröhnt Verkehrslärm, Traktorfahrer der landwirtschaftlichen Ortsvereine Schmiden und Oeffingen kurven durch die Menge, an den Trecker-Schaufeln sind bemalte Leinwände befestigt: "Keine Autobahn durch unsere Heimat", lautet die Forderung.

Andriof gibt sich freilich recht entspannt - womöglich Folge jenes Tortenpräsents der Arbeitsgemeinschaft Nordost (Arge), das die Neckarbrücke darstellt und in das ein durchgestrichenes Autobahn-Schild gesteckt ist. Alsbald klettert der Regierungspräsident auf den bereitgestellten Anhänger und wirbt per Lautsprecher einmal mehr für die circa 19 Millionen Euro teure Neckarbrücke. Ein 433 Meter langes Bauwerk, das Ausgangspunkt für die Verknüpfung des Remstals mit dem Wirtschaftraum Ludwigsburg sein und die unzumutbaren Dauerstaus „mit Lärm, Abgasen und sich verringernder Wohnqualität" in Neckarrems beenden soll. Seit 30 Jahren redet man über entsprechende Verbesserungen jetzt dürfe man nicht nochmal 30 Jahre warten. „Es ist niemandem geholfen, wenn alles beim Alten bleibt", ruft Andriof der Menge zu - und erntet einmal mehr Pfiffe-, Buhrufe und zynische Kommentare.

Fellbachs OB Christoph Palm kündigt allerdings gegenüber Andriof "harte Auseinandersetzungen" an, „da werden argumentativ die Fetzen fliegen". Allerdings sei es für alle Beteiligten notwendig, „Sachlichkeit zu wahren". Quasi an die Spitze der außerparlamentarischen Brückengegner hat sich Fellbachs ehemaliger Rathauschef Friedrich-Wilhelm Kiel gesetzt. Auch er klettert auf den Anhänger, um Andriof die Leviten zu lesen. Die Versammlung in Oeffingen, so der Ex-OB und Fellbacher Ehrenbürger, sei womöglich „die letzte Chance", um die Politiker zu überzeugen, „den Bau einer im Endausbau autobahnähnlichen Straße in letzter Minute noch zu stoppen".

Michael Eick vom Fellbacher Naturschutzbund schenkt Andriof zum Schluss noch einen Bildband mit den schönsten Naturfotografien aus der Nordostring-Gegend. Für den Biologen steht fest: "Das Eulen-Paradies ist in Gefahr." Seit Jahren hänge das Damoklesschwert des „Wahnsinnsprojekts" Nordostring über dem Gebiet, so Eick. Mehr als zehn Steinkauz-Brutpaare, deren Brutplätze im näheren Bereich der Trasse liegen, wären unmittelbar betroffen. Noch, so hoffen die Gegner, lässt sich Andriofs Vorhaben aufhalten. Ex-Schultes Kiel gibt ansonsten die Richtung vor: „Eine solche Straße werden wir mit allen rechtlich zulässigen Mitteln bekämpfen."

Ein Steinkauz-Brutplatz - hier ein
Jungtier der gefährdeten Eulenart
(li.) - befindet sich genau auf dem für
die Neckarbrücke vorgesehenen Areal.



Regierungspräsident Udo Andriof (oben) stellte sich beim Lokaltermin an den Oeffinger Sportplätzen
dem geballten Protest der Nordostring-Gegner. Fotos: Kern (2)/StN

Von Dirk Herrmann,
Stuttgarter Nachrichten vom 30.08.2006
www.stuttgarter-nachrichten.de

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