"Das Schmidener Feld ist unantastbar"

Fellbach kämpft gegen Neckarbrücke -
Hoffnung auf Lösung in Remseck

Fellbach - Die geplante neue Neckar-brücke westlich an Aldingen gilt in Fellbach als Einstieg in eine „Autobahn" übers Schmidener Feld. Deshalb setzt man unterhalb des Kappelbergs alle Hebel in Bewegung, den befürchteten Nordostring zu verhindern.

Die Bürger von Fellbach, Schmiden und Oeffingen wittern Gefahr: Auf eigener Gemarkung soll's bald noch mehr Asphaltpisten geben. „Dabei hat keine vergleichbare Stadt in der Region in den letzten 25 Jahren so viel Straßenkilometer gebaut wie Fellbach", erläuterte Bauschultes Hans Müller zu Beginn einer Bürger- information in Oeffingen.

Umso mehr entsetzt es die Fellbacher, dass ihnen die "Andriof-Brücke" noch mehr Autos bescheren soll. Das riesige Bauwerk, bis zu 600 Meter lang über dem Neckar hängend, soll bergauf in Richtung Oeffingen mit zwei Streifen ausgestattet werden, damit Lastwagen an der Steigung nicht hängen bleiben. 25 000 Fahrzeuge werden dann täglich an den Sportanlagen beim Tennhof vorbeirauschen. Für OB Christoph Palm wäre das Teil einer neuen Schnellstraße „bis nach München und in den osteuropäischen Raum".
Mit Folgen fürs Klima und Lärmbelästigung für die Anwohner: „Dann wird das ganze Remstal im Autobahn- verkehr ersticken", prognostiziert ein Bürger.

Am liebsten wäre es den Fellbachern, wenn Remseck die Lösung des Problems übernähme: nämlich durch eine neue Parallelbrücke unweit der jetzigen Neckarüberquerung mit anschließendem Tunnel durch den Schlossberg. Tatsächlich kann OB Karl-Heinz Schlumberger einer solchen Flussquerung beim Kies- werk etwas abgewinnen, um so nahe der Stadtbahn-Endhaltestelle die erhoffte „neue Mitte" realisieren zu können. Allerdings wird das in Remseck nur als innenörtliche Entlastung gesehen. An einer großen Brücke westlich von Aldingen führt, so Schlumberger, kein Weg vorbei, "wir brauchen dieses Ventil". Auch in Waiblingen dürfte die Fellbacher Idee kaum Anhänger finden. Hätte doch der Ortsteil Hegnach davon keine Vorteile. „25.000 Fahrzeuge täglich sind zu viel für die Gesundheit und das Leben in Hegnach", skandierten unlängst 300 Bürger bei einer Demonstration.

Für Protestmärsche kann man sich indes auch in Fellbach erwärmen: „Notfalls müssen wir auf die Straße gehen", fordert FW/FD-Fraktionschef Ulrich Lenk ein klares Signal. Und OB Palm, dem als CDU-Landtagskandidat bisweilen eine wachsweiche Position in Sachen Nordostring vorgeworfen wird, erklärt: „Das Schmidener Feld ist unantastbar, eine Autobahn dort ist mit mir nicht zu machen." Bleibt die Frage, ob er davon auch seine Amtskollegen in den Nachbarkommunen überzeugen kann.

Kommenden Mittwoch werden sich die Regionalparlamentarier im Planungsausschuss mit der „Andriof-Brücke" befassen. Beobachter vermuten, dass sich eine Mehrheit fürs Bauwerk ausspricht - noch ein Dämpfer für die Fellbacher Hoffnungen.


Eine neue Brücke westlich des Remsecker Kieswerks (siehe rote Linie) könnte die bestehende
Neckarüberquerung entlasten. Die Fellbacher Hoffnung, dadurch die geplante große "Andriof-Brücke"
beim Klärwerk Mühlhausen überflüssig zu machen, scheint aber allzu utopisch.


Entlastung für den Nordosten

Nahe dem Hauptklärwerk Stuttgart-Mühlhausen soll die neue Großbrücke den Neckar überqueren. Regierungspräsident Udo Andriof erhofft sich durch das Zwölf-Millionen-Euro-Projekt vor allem, dass das Straßennetz nördlich von Stuttgart entlastet wird. Quälende Staus sollen damit der Vergangenheit angehören. Durch die neue Lösung soll allein auf der bestehenden Neckarbrücke in Remseck der Verkehr von derzeit 37.600 auf dann 25.200 Fahrzeuge täglich verringert werden. Derzeit läuft die Anhörungsphase: Die Träger öffentlicher Belange, also betroffene Städte und Kommunen, Naturschützer oder die IHK, können bis Januar beim Regierungspräsidium ihre Stellungnahmen abgeben. Die Fellbacher Verwaltung hat allerdings bereits signalisiert, dass sie dem Zeitdruck nicht nachgeben will; eine Fristverlängerung sei unabdingbar.

VON DIRK HERRMANN
Foto: Sigerist / Bearbeitung: Lange
Stuttgarter Nachrichten vom 07.12.2005
www.stuttgarter-nachrichten.de

 [ zur Homepage ] [ Schließen ]