Arge Nord-Ost: Grundlage für Brückenplanung fehlt

Fellbach. Seit drei Jahren soll im Regierungspräsidium bekannt sein, dass die Verkehrsanalyse daneben liegt.

Das Regierungspräsidium Stuttgart (RP) plant die neue Neckarbrücke bei Aldingen auf der Grundlage falscher Verkehrszahlen. Diesen Vorwurf erhebt die Arge Nord-Ost seit vier Jahren und sieht sich jetzt bestätigt. Schon seit 2007 wisse das RP durch eigene Zählungen, dass die Verkehrsanalyse für das Planfeststellungsverfahren fehlerhaft sei, sagte der Arge-Vorsitzende Joseph Michl gestern bei einer Pressekonferenz.

Dass überraschend Zahlen aus einer Verkehrszählung aufgetaucht sind, hat die Stadt Fellbach am Donnerstag in einer Pressemitteilung zu dem Vorwurf von „bewusster Täuschung" ans Regierungspräsidium verarbeitet (wir berichtet). Dem Einwand des RP, die Zahlen seien nicht vergleichbar, trat nun der Arge-Vorsitzende Michl entgegen. Man habe die „Tagesganglinien" von 24-Stunden-Zählungen an sieben Querschnitten nach Verkehrsplaner-Handbuch umgerechnet auf durchschnittliche Belastungswerte, wie sie auch in der Verkehrsanalyse des RP verwendet werden, und habe diese Rechnung von einem externen Experten überprüfen lassen. Die Verkehrszahlen im Planfeststellungsverfahren seien dagegen nur Hochrechnungen aus Vier-Stunden-Zählungen, sagte Michl. Die 24-Stunden-Zählungen hätten eine viel bessere Qualität. Die Arge hat sich zudem Wetterdaten besorgt für den Zeitraum, in dem gezählt wurde, um auszuschließen, dass Frost oder Schnee den Verkehr beeinflusst haben könnten.

Michl vermutet, dass die Zählergebnisse von Februar und März 2007 im RP bis dato unter Verschluss geblieben sind, weil sie zeigen, dass sich die Verkehrsplaner „drastisch verschätzt haben". Es werde „zu viel Verkehr im Planungsraum ausgewiesen". Das müsse den Planern im RP seit Frühjahr 2007 bewusst gewesen sein. Im Dezember 2008 jedoch sei die letzte und zum zweiten Mal korrigierte Version des Verkehrsgutachtens erstellt worden, die aktuellste Zählung sei dabei nicht verwendet worden. Vielmehr wurde behauptet, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Daten von 2005 überholt sind. Nach Ansicht der Arge müssen nun alle Gutachten und Variantenuntersuchungen auf der Basis der richtigen Verkehrswerte neu erstellt werden.
Dass die Ergebnisse der Zählung von 2007 überhaupt an die Öffentlichkeit gekommen sind, geht auf ein „Werkstattgespräch" im RP zurück, an dem Vertreter der Stadt Fellbach und der Arge teilgenommen haben. „In einem Nebensatz", so Michl, sei von einer Zählung 2007 die Rede gewesen. „Wir waren sofort hellwach", sagte Michl. Er will jetzt mit Verkehrsministerin Tanja Gönner sprechen. Sie soll das Regierungspräsidium auffordern, das Planverfahren einzustellen.

Von Gerhard Brien, Kornwestheimer Zeitung vom 12.06.2010
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