Den Fellbachern stinkt die Brückenplanung des Regierungspräsidiums

Protestierende Bürger machten Stimmung bei der Anhörung.

Mit Traktoren, dampfendem Mist, Transparenten und Wut im Bauch sind mehr als 100 Fellbacher Bürger und Mitglieder der Arge Nord-Ost am Mittwoch zum Regierungspräsidium in Stuttgart-Vaihingen gezogen. Dort fand die dritte Erörterungsverhandlung zur Planung einer neuen Neckarbrücke bei Aldingen statt, von der die Demonstranten und auch die meisten Kommunalpolitiker der Umgebung vermuten, dass sie das erste Teilstück eines großen Nord-Ost-Rings werden soll.

Und so hat Michael Eick, Nabu-Aktivist, FW/FD-Stadtrat und Gymnasiallehrer, seinen Geografiekurs vom Gustav-Stresemann-Gymnasium in Marsch gesetzt; in der S-Bahn nach Vaihingen trafen sie auf den ehemaligen OB Friedrich-Wilhelm Kiel und den ehemaligen FW/FD-Fraktionsvorsitzenden Hagen Müller. Die Fellbacher CDU war mit vier Mann angereist, darunter auch der Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Spieth sowie Harald Rienth, Ralf Bauerle und Paul Rothwein. Auch die Grünen-Stadträtin Agata Ilmurzynska war da, und natürlich der FW/FD-Stadtrat Peter Treiber. Der hatte seine Landwirts-Kollegen zu einer Schlepperdemo motiviert, so dass ein halbes Dutzend schwerer Traktoren, einer davon mit einer Fuhre Mist im Anhänger, vor dem Behördensitz in Stuttgart-Vaihingen vorfuhr, Motto: „Brückenplanung stinkt zum Himmel". Die Stadtverwaltung zog ebenfalls hochkarätig in den Kampf - mit Oberbürgermeister Christoph Palm, der Baubürgermeisterin Beatrice Soltys sowie dem Tiefbauamtsleiter Wolfgang Schmidt - der Bauingenieur ist in Sachen Verkehrsplanung Experte.

Verhandlungsführer Michael Trippen, stellvertretender Leiter des Referats Planfeststellung, hatte einige Mühe, die Zwischenrufer zu bändigen und alle Wortmeldungen zu berücksichtigen. Den Zorn der Bürger zog er sich zu, als er nach einem Zwischenruf des Oeffingers Manfred Wickleder („da werden Blendraketen gezündet") kundgab: „Die intellektuelle Spannbreite der vorgetragenen Argumente ist ja relativ groß."


Viele Fellbacher, Schmidener und Oeffinger finden sich in der Hundertschaft protestierender Bauern und
Bürger vor dem Regierungspräsidium Stuttgart.  Foto: Gerhard Brien

Da ging es um die Frage, ob die Brücke als Teilstück eines Nord-Ost-Rings anzusehen ist, was sowohl Trippen als auch der oberste Straßenplaner des Regierungspräsidiums, Jürgen Holzwarth, bestritten. Es beeindruckte auch kaum, dass Kiel aus dem Schreiben des Innenministers Heribert Rech aus dem vergangenen Jahr zitierte, in dem der vierspurige Nord-Ost-Ring als notwendig bezeichnet wird.

Unter all den Gegnern der Brücke fand sich nur einer, der die Planung unterstützte: Der Erste Bürgermeister von Remseck, Karl-Heinz Balzer beklagte, dass 75 Prozent des Verehrs auf der bestehenden Brücke bei Neckarrems Durchgangsverkehr sei, den wolle man in der Mitte der Kommune nicht haben. Palms Frage, ob es denn im Frühjahr des Krisenahres 2009 ein Aufatmen wegen weniger Verkehrs gab, verneinte Balzer allerdings - doch nach den Prognosen des Regierungspräsidiums werden nach dem Bau einer neuen Brücke kaum weniger Fahrzeuge über die alte Brücke rollen, als im Mai und Juli gezählt wurden. Das sei keine Entlastung, sagte Palm, nur ein „Placeboeffekt". Und der wird durch eine deutliche Verkehrszunahme andernorts erkauft.

Zwar wiesen der Fellbacher Tiefbauamtsleiter Schmidt und auch der Arge-Vorsitzende Joseph Michl nach, dass vor dem Start der Planfeststellung auf der bestehenden Brücke gar nicht gezählt wurde, doch das prallt an den Straßenbauern ab. Die Rechtfertigung der Planung, so der Leitende Baudirektor Holzwarth, ergebe sich daraus, dass die vorhandene Brücke überlastet sei, auch mit den niedrigeren Werten aus der Zählung von 2009. Eine neue Brücke, so Rechtsanwalt Peter Schütz, „würde keiner an dieser Stelle bauen, der nur die alte Brücke entlasten will". In der Abwägung zwischen den Varianten, das räumte Verhandlungsführer Michael Trippen ein, habe auch den Ausschlag gegeben, dass sie in einen künftigen Nord-Ost-Ring integrierbar wäre, „das wird nicht bestritten".

Von Gerhard Brien, Fellbacher Zeitung vom 12.02.2010
www.stuttgarter-nachrichten.de

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