Gerade mal zwei von fünf Tagesordnungspunkten haben die Teilnehmer der Erörterungsverhandlung zur Neckarquerung gestern im Regierungspräsidium abhandeln können. Aus Kornwestheimer Sicht wurden dabei aber schon Teilerfolge erzielt.
Im überfüllten Raum, in dem für die Besucher noch Stühle angeschleppt werden mussten, ging es streckenweise hoch her. So beantragten die Städte Kornwestheim, Fellbach, Waiblingen sowie die Arge Nordost nochmals, die Erörterungsverhandlung zu verschieben, weil das Regierungspräsidium ihrer Ansicht nach die ergänzende Untersuchung zu möglichen Lärmauswirkungen der Neckarquerung zu kurzfristig zur Verfügung gestellt hat (unsere Zeitung berichtete). Diesem Antrag wurde nicht stattgegeben. Daraufhin forderten die Antragsteller eine Sitzungsunterbrechung, in der sie sich darauf verständigten, eine Fristverlängerung für die Stellungnahme zum nachgereichten Gutachten zu fordern. Diese Zeit sei notwendig, um die betroffenen Bürger der verschiedenen Kommunen einbinden zu können.
„Wenn zum Beispiel für die B-27-Auffahrt Kornwestheim-Nord eine drei Meter hohe und 200 Meter lange Lärmschutzwand vorgeschlagen wird, muss es der betroffenen Gemeinde schon erlaubt sein, sich mit den Unterlagen ausführlich zu befassen, um dann in einem Erörterungstermin die kommunale Auffassung diskutieren zu können", argumentierte die Kornwestheimer Oberbürgermeisterin Ursula Keck. Von einer Fristverlängerung hielt Regierungsdirektor Michael Trippen indes gar nichts: Er lehnte das Anliegen ab, was zu erbosten Reaktionen im Saal führte. Das wiederum zeigte Wirkung: Das Regierungspräsidium lenkte ein und verlängerte die Frist für die Stellungnahmen bis Mitte April. „Für uns auf jeden Fall ein Teilerfolg", kommentierte Ursula Keck.
Ein weiterer Knackpunkt in der Erörterung waren die Daten und Fakten, mit denen das Regierungspräsidium das Planungserfordernis für die Neckarquerung überhaupt begründet. „Verkehrsflüsse aus den Jahren 2002 und 2005 kann man nicht auf die heutige Zeit übertragen. Grundlage für die Entscheidung müssen Daten und Fakten sein, die den heutigen Tatsachen entsprechen", so die Kornwestheimer Bürgermeisterin. Kornwestheim und Fellbach hätten mit gemeinsam in Auftrag gegebenen Untersuchungen belegt, dass die Verkehrsbelastung, die das Regierungspräsidium zugrunde lege, nicht mehr zutreffe - die Alternativ-Zählung habe im Vergleich zu den Daten des Regierungspräsidiums 15 Prozent weniger Pkw- und 25 Prozent weniger Lkw-Verkehr ergeben. „Das RP geht beispielsweise noch vom Güterverkehrszentrum aus, von dem wir uns in Kornwestheim schon längst verabschiedet haben. Außerdem hat es wichtige Zählstellen ausgelassen und auch nicht in der Nacht gemessen", so Keck.
Aufgrund der fehlerhaften Verkehrsprognosen wäre es aus ihrer Sicht richtig gewesen, wenn das RP die durch mehrere Zählungen der Städte Kornwestheim und Fellbach belegten Daten in die Planfeststellungsunterlagen eingearbeitet hätte „anstatt wider besseres Wissen auf seinen Zahlen zu beharren und damit einen fehlerhaften Planfeststellungsbeschluss zu riskieren". Dass das Regierungspräsidium diese Argumentation gestern anerkannt hat, hält Keck für einen weiteren wichtigen Teilerfolg, ebenso wie die Tatsache, dass auch der Stadt Stuttgart, die ihre Ansicht zur Neckarquerung geändert hat, nun doch noch die Möglichkeit zu einer Stellungnahme zugesichert wird.
Zu den Punkten „Immissionen", „Varianten" und „Verschiedenes" kamen die Diskutanten dann gar nicht mehr. Die Erörterung wird heute fortgesetzt, Kornwestheims Verwaltungsspitze wird weitere Argumente gegen die Neckarquerung vortragen. Die Luft für die Befürworter werde auf jeden Fall dünner, ist der Eindruck der Oberbürgermeisterin.
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