Freie Bahn für Transitverkehr
auf Biegen und Brechen?

Fellbach - Die Oberbürgermeister von Fellbach und Kornwestheim werfen dem Regierungspräsidium Ignoranz vor.

Der Streit um Verkehrszählungen im Zusammenhang mit der geplanten Neckarbrücke bei Aldingen geht weiter. Jetzt haben die Oberbürgermeister von Fellbach und Kornwestheim, Christoph Palm und Ursula Keck, in einer Pressemitteilung dem Regierungspräsidium „Ignoranz" vorgeworfen und aufgedeckt, dass die Planungsbehörde für die Verkehrsuntersuchung zur neuen Neckarbrücke zu keiner Zeit in Remseck Daten erheben ließ. Die Verkehrsprognose als Grundlage des Planfeststellungsverfahrens beruhe auf Hochrechnungen und Schätzungen.

Dass diese Zahlen möglicherweise falsch sind, haben die beiden Städte mit ihrer Zählung im Mai dieses Jahres gezeigt. Das Ergebnis wurde durch eine Kontrollzählung des Büros Kölz im Auftrag des Regierungspräsidiums weitgehend bestätigt (wir haben darüber berichtet). Die aktuellen Verkehrszahlen liegen damit um 15 bis 19 Prozent unter denen des ursprünglichen Verkehrsgutachtens. Beim Schwerlastverkehr weisen die Zählungen sogar Unterschiede bis zu 50 Prozent nach. „Da dies dem Regierungspräsidium ganz und gar nicht ins Konzept passt", so Palm, „tut es jetzt die aktuellen Zählungen als reine Momentaufnahmen ab, durch die der bisher prognostizierte Bedarf für eine neue Neckarbrücke unberührt bleibt". Auch seine Kornwestheimer Amtskollegin Ursula Keck ist empört und spricht von bewusster Ignoranz der Planungsbehörde, die ihren „Augen zu und durch"-Standpunkt wider besseres Wissen weiterverfolge. Die Städte Kornwestheim und Fellbach hätten seit Jahren wiederholt Zweifel an der Richtigkeit der den Brückenbauplänen zugrunde gelegten Verkehrszahlen geäußert. Nicht zuletzt gerade wegen gravierender Mängel im Zahlengerüst musste das Regierungspräsidium seine Planfeststellungsunterlagen zweimal komplett nachbessern und insgesamt dreimal öffentlich auslegen.

Der Rückgang der Verkehrsbelastungen wird vom Büro Kölz mit der aktuellen Wirtschaftskrise begründet, die Planungsrelevanz der Verkehrsuntersuchung von 2005 sei davon nicht berührt. Palm und Keck entnehmen dem Gutachten von Kölz, dass das Regierungspräsidium für die Verkehrsuntersuchung zur neuen Neckarbrücke zu keiner Zeit in Remseck habe Daten erheben lassen. Die für den engsten Planungsraum benutzten Daten, nämlich für die Stadt Remseck am Neckar in der Verkehrsanalyse 2005, basierten überwiegend auf Hochrechnungen und Interpretationen der Planungsgruppe Kölz aus dem Jahr 2002: „Wen soll es dann noch verwundern, wenn das Büro von Professor Kölz genau diese Verkehrszahlen jetzt als richtig und plausibel anerkennt."

Offenbar, so das Resümee der beiden OB, sollen die aktuellen Ergebnisse dazu dienen, „eine unausgewogene Planung gegen den Widerstand der Städte Kornwestheim und Fellbach sowie mittlerweile auch Stuttgart schnellstmöglich umzusetzen". Die Aussage des Regierungspräsidiums, wonach „lokale Interessen" zurückzustellen seien, spricht nach Ansicht der Städte Fellbach und Kornwestheim „den Bemühungen der Raumschaft Hohn". Denn gerade die lokalen Probleme Remsecks - die Verkehrsbelastung der vorhandenen Neckarbrücke - oder die lokalen Probleme Waiblingens in Hegnach seien es, die gelöst werden sollen: „Wer die lokalen Bedürfnisse der Raumschaft hinten anstellen möchte und statt dessen überörtlichem Transitverkehr den Vorrang in seinen Planungen einräumt, der hat das eigentliche Planungsziel deutlich verfehlt."

Von g, Fellbacher Zeitung vom 28.11.2009
www.stuttgarter-nachrichten.de

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