REMSECK/FELLBACH. Der Nord-Ost-Ring ist und bleibt ein heftig umstrittenes
Thema. Selbst wenn es gar nicht um neue Vorschläge für eine
Neckarquerung oder eine konkrete Analyse der Verkehrszahlen geht, löst
die geplante Querverbindung mitunter massive atmosphärische Störungen aus.
Nach Jahren des Streits zwischen Verkehrsplanern und Bürgerinitativen, Rathauschefs und Straßenbehörden genügt ein Funke, um das Pulverfass der Befindlichkeiten zum Explodieren zu bringen. Nicht anders ist ein Brief zu verstehen, den der Remsecker OB Karl-Heinz Schlumberger an seinen Fellbacher Amtskollegen Christoph Palm geschickt hat. In dem Schreiben ist von einer „Beleidigung der Menschen in Remseck" die Rede, dem Fellbacher OB attestiert der schwer erboste Remsecker Rathauschef schlechten Stil und ein gefährliches Spiel mit der guten Nachbarschaft.
Um den Grad der Remsecker Empörung einschätzen zu können, muss man wissen, dass Schlumberger und Palm eigentlich nicht im Verdacht stehen, sich die Reifen ihrer Dienstautos zerstechen zu wollen. Im Gegenteil: Das Verhältnis der Rathauschefs schien bisher von gegenseitiger Wertschätzung geprägt, von der Haltung zum Nord-Ost-Ring mal abgesehen verbindet die beiden mehr als sie trennt. Schließlich haben beide das (CDU)-Parteibuch in der Tasche und dürfen als Duz-Freunde bezeichnet werden. Nicht umsonst betont Schlumberger, dass er Palm „als sachkundigen Kollegen kennen gelernt und als niveauvollen Menschen geschätzt" habe. Umso bemerkenswerter ist deshalb die Verve, mit der Remseck nun gegen die Nachbarn aus dem Rems-Murr-Kreis schießt.
Auslöser war eine Passage aus der jüngst von Palm vor dem Gemeinderat gehaltenen Haushaltsrede. Der OB schlug darin einen Bogen von „bewegenden Ereignissen" wie dem Ringen um die Wiedervereinigung, dem Amoklauf von Winnenden und dem Flugzeugabsturz vor Brasilien zu lokalen Problemen wie der Sex-Flatrate im Pussy-Club und band in launigen Worten auch den Nord-Ost-Ring mit ein. Dass Remsecks Verkehrsprobleme in einem Atemzug mit Bordell-Tarifen genannt sind, stieß nun Schlumberger sauer auf. Schließlich habe das Stuttgarter Feinstaubproblem durchaus mit der fehlenden Quertrasse zu tun.
Der Fellbacher OB hatte es als „realitätsfern" bezeichnet, in der Debatte um die Schadstoffbelastung nach einer leistungsfähigen Verbindung im Nordosten Stuttgarts zu rufen. Noch mehr ärgert sich Remseck über Palms Aussage zur Verkehrszählung mit Kornwestheim: Weil Firmen in Kurzarbeit nur zu 50 Prozent ausgelastet waren, tauge die Auswertung nicht als Beleg gegen den Brückenbau - und sei kein Grund „spöttisch über die Nachbarn herzuziehen".
Aus Fellbach ist keine Reaktion auf den Remsecker Brandbrief zu erhalten: OB Palm weilt im Urlaub auf Fuerteventura, sein Stellvertreter Günther Geyer hat das Schreiben gar nicht zu Gesicht bekommen. Bleibt nur zu hoffen, dass Remseck seine Neckarbrücke nicht sperrt - speziell für aus Richtung Fellbach anrollende Lastwagen.
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