STUTTGART/REMSECK. Dem Nordostring mit seiner neuen Neckarbrücke zwischen Stuttgart-Mühlhausen und Remseck-Aldingen schlägt immer stärkerer Widerstand entgegen. Mit neun zu sechs Stimmen hat sich auf Antrag der SPD jetzt auch der Ausschuss für Umwelt und Technik des Stuttgarter Gemeinderats gegen das Straßenbauprojekt ausgesprochen. Die Arge Nord-Ost sieht in dem Stuttgarter Beschluss „ein sehr wichtiges politisches Zeichen", betont der Vorsitzende der Bürgerinitiative, Joseph Michl. Darauf könne die Initiative, die bereits die Städte Fellbach und Kornwestheim an ihrer Seite weiß, ihren Widerstand gegen die Pläne des Regierungspräsidiums (RP) weiter aufbauen.
Die Planungen der Stuttgarter Behörde sehen zunächst den Bau der Brücke über den Neckar vor. Sie soll an das bestehende Straßennetz angebunden werden. Um die Wirtschaftsräume Fellbach und Ludwigsburg besser miteinander zu verbinden und die bestehende Neckarquerung in Remseck-Neckarrems zu entlasten, wollen das Land und die Industrie- und Handelskammer der Region Stuttgart möglichst schnell eine zusätzliche neue Straße - den Nordostring. Weil diese Verbindung von der B 14 bei Waiblingen zur B 27 bei Kornwestheim eine heute noch freie, landwirtschaftlich genutzte Landschaft zerschneiden würde, stößt sie in dem betroffenen Raum auf große Ablehnung.
Aufgrund des großen Widerstands wurde das Regierungspräsidium bereits zweimal gezwungen, seine Planungen zu überarbeiten. Zuletzt belegten im Frühjahr 2009 Verkehrszählungen der Städte Fellbach und Kornwestheim, dass den Plänen der Stuttgarter Behörde zu große Verkehrsmengen zugrunde liegen. Anstatt den vom RP prognostizierten 34 450 Fahrzeugen seien es täglich nur 28 900 Autos und Lastwagen, die ab 2020 über die neue Brücke fahren. Um die Widersprüche zu entkräften, setzte das Regierungspräsidium eine dritte Auslegungsrunde für seine Pläne ein. Dabei gingen erneut über 1000 Einsprüche gegen das Verkehrsprojekt ein.
Auf die Fragen rund um die unterschiedlich großen Verkehrsmengen und auf die zahlreichen Einwendungen will das RP im Rahmen einer dritten Erörterungsrunde noch in diesem Jahr die Antworten geben. Derzeit liege das entsprechende Gutachten noch nicht vor. RP-Sprecher David Bösinger kündigte jedoch an, das Papier, wenn es fertig ist, umgehend auch den Gegnern des Projekts auszuhändigen. Diese freiwillige Leistung sei ein weiterer Beleg, dass die Behörde das Verfahren ergebnisoffen und transparent führe. Nach der Diskussion des Gutachtens gehen die Straßenplaner davon aus, dass es noch im ersten Halbjahr 2010 zu einem Planfeststellungsbeschluss für den Bau der Neckarbrücke kommt.
Ob nach dieser Baugenehmigung tatsächlich auch die Bagger anrollen, ist höchst zweifelhaft. Selbst das Regierungspräsidium rechnet damit, dass der Beschluss vor dem Verwaltungsgericht landet. Für diesen Fall hat Fellbachs Oberbürgermeister Christoph Palm bereits angekündigt, „die richtigen Pfeile im Köcher zu haben". Für besser halten es die Arge Nord-Ost und die Kommunen, wenn das Regierungspräsidium zur Einsicht kommen würde, dass sich die Brücke gegen den wachsenden Widerstand nicht durchsetzen lässt und die Pläne eingestampft werden.
Eine Verkehrsentlastung und -beruhigung sei im Nordosten der Region dennoch möglich. Die Gegner der großen Lösung denken dabei zunächst an die sogenannte Billinger-Variante. Diese sieht eine kleinere Brücke bei Neckarrems und eine Umgehungsstraße für den Waiblinger Ortsteil Hegnach vor. Zudem würde ein besseres Angebot an Bussen und Bahnen die Verkehrssituation in diesem Raum entspannen. Der Landschaftsverbrauch, der für großformatigere Lösungen nötig wäre, sei dagegen nicht zu rechtfertigen. Außerdem bestehe die Gefahr, dass der Nordostring in seiner geplanten Form zur Ausweichstrecke für den Transitverkehr durch die Region werde.
Varianten für die Neckarbrücke
und den Nordostring
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