Remseck holt bei Neckarbrücke zum Gegenschlag aus

Freie Wähler fordern eine eigene Verkehrszählung -
Schleichverkehr über Wehrbrücke sei nicht berücksichtigt

Remseck. Im Streit über eine zweite Neckarquerung verhärten sich die Fronten zwischen den Nachbarstädten Kornwestheim und Remseck. Nach einer gemeinsamen Verkehrszählung von Kornwestheim und Fellbach (Rems-Murr-Kreis) geht Remseck zum Gegenangriff über.

Vor allem an der Brücke zwischen Neckarrems und Neckargröningen haben die Städte deutlich weniger Fahrzeuge gezählt, als das Regierungspräsidium in Stuttgart (RP) seinen Plänen für eine zweite Neckarquerung zugrunde legt (wir berichteten). Nur 30.500 Autos täglich haben laut dem Kornwestheimer Ersten Bürgermeister Michael Köpple im Mai die Brücke überquert. Das sind 16 Prozent weniger als das RP annimmt. Die Behörde geht bei ihren Brückenplanungen von 35.450 Fahrzeugen pro Tag aus. Doch die Zählung der Städte Kornwestheim und Fellbach kranke, sagen die Freien Wähler in Remseck. Denn zum Zeitpunkt der Untersuchung habe in vielen Betrieben Kurzarbeit geherrscht. Dadurch gebe es in der Hauptverkehrszeit deutlich weniger Stau im Bereich der Brücke, argumentiert Gerhard Waldbauer, der Vorsitzende der Freie-Wähler-Fraktion im Remsecker Gemeinderat.

„Weniger Autos wegen Kurzarbeit"

Hinzu komme, dass bei der Verkehrszählung nicht berücksichtigt worden sei, dass viele Fahrer verbotenerweise auf die Wehrbrücke bei Aldingen auswichen. Rund 5000 Autos täglich nutzen nach einer Schätzung der Freien Wähler die Brücke, die eigentlich nur Anliegern offen steht. Würde dieser Schleichverkehr zu den von Kornwestheim und Fellbach gezählten 30.500 Fahrzeugen hinzugerechnet, dann wäre die vom RP ermittelte Zahl 35.450 nicht nur erreicht, sondern überschritten. Die Freien Wähler fordern daher den Oberbürgermeister Karl-Heinz Schlumberger auf, eine Zählung an der Wehrbrücke durchführen zu lassen. Die Ergebnisse sollen bei der Planung der Neckarbrücke berücksichtigt werden.
Mit diesem Vorschlag rennt die Fraktion offene Türen beim Verwaltungschef ein. Denn auch Schlumberger ist überzeugt: „Die Zahlen aus der Verkehrszählung von Kornwestheim und Fellbach sind nicht belastbar." Die Firmen in der Region seien derzeit nur zu einem Bruchteil ausgelastet, der Verkehr folglich reduziert. „Das kann ich ohne Zählung erkennen." Mit solchen Zahlen zu operieren und damit die Notwendigkeit einer zweiten Neckarquerung in Frage zu stellen „ist gelinde gesagt unseriös", poltert Schlumberger.

Enttäuscht von den Kollegen

Er ist enttäuscht davon, dass die Oberbürgermeister der Nachbarkommunen Fellbach und Kornwestheim gegen Remseck vorgehen - zumal schon seit Jahren Konsens darüber herrsche, dass die alte Neckarquerung zwischen Neckarrems und Neckargröningen hoffnungslos überlastet sei. „Alles komprimiert sich an diesem schmalen Engpass", sagt der Verwaltungschef.
Fest steht für den Oberbürgermeister auch, dass seine Kornwestheimer und Fellbacher Nachbarn den Schleichverkehr über die Wehrbrücke unter den Tisch fallen ließen. „Tausende Autos werden unterschlagen, wenn nur auf der Haupttrasse gezählt wird."
An dieser Stelle will Schlumberger nun ansetzen - und holt zum Gegenschlag aus. Um die Dringlichkeit der zweiten Querung zu unterstreichen, ist der Oberbürgermeister inzwischen bereit, auch unorthodoxere Maßnahmen zu ergreifen. Dazu könnte beispielsweise die einwöchige Sperrung der Wehrbrücke gehören, überlegt der OB. „Dann ist hier Chaos", sagt er. „Nach dieser Zahlenakrobatik ist es wichtig herauszufinden, was bei einer Sperrung der Wehrbrücke an der Neckarquerung passiert." Noch lieber, als weiter auf Konfrontationskurs zu gehen, wäre dem Verwaltungschef aber, sich mit seinen Nachbarn zu verbünden. „Remseck ist zu klein, um wichtig zu sein, und Kornwestheim ist es auch." Wären sich alle fünf Kommunen, die vom Bau der neuen Neckarbrücke betroffen wären einig - Kornwestheim, Remseck, Fellbach, Waiblingen und Stuttgart - dann hätten sie auch politische Kraft. „Dann könnten wir gemeinsam zum Verkehrsministerium gehen und schauen, was man tun kann." So wie sich die Kommunen derzeit präsentierten, sei keine Bewegung in die Lösung der Verkehrsprobleme der Region zu bekommen. Schlumberger: „Wenn wir uns weiter streiten, lässt uns das Ministerium noch weitere zehn Jahre hängen."

Von Gaby Mayer-Grum, Stuttgarter Zeitung, Ausgabe Kreis Ludwigsburg vom 04.06.2009
www.stuttgarter-zeitung.de

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