Es gibt für die Stadt Fellbach schon genug Gründe, die Pläne des Regierungspräsidiums für die neue Neckarbrücke zwischen Aldingen und Mühlhausen zu verwerfen. Alle haben Bürgermeisterin Beatrice Soltys und Tiefbauamtsleiter Wolfgang Schmidt jetzt in einer mehr als 20-seitigen Stellungnahme anlässlich der dritten Auslegungsrunde im laufenden Planfeststellungsverfahren zusammengetragen. Falsche Annahmen über den tatsächlichen Verkehr (unsere Zeitung berichtete), mangelnde Offenheit gegenüber Alternativen wie die so genannten Billinger-Varianten sind darin ebenso gerügt wie der immer noch mögliche und deswegen zu befürchtende Ausbau der Straße zum Nord-Ost-Ring über Fellbacher Markung und das Schmidener Feld.
Der Gemeinderat der Stadt Fellbach hat ein schroffes Nein zu den Brückenplänen in seiner jüngsten Sitzung einstimmig beschlossen und zeigte sich negativ beeindruckt von einer voraussichtlich ziemlich hässlichen 560 Meter langen und zwei Meter hohen Lärmschutzwand entlang der Straße, aber ansonsten mitten in der Landschaft, die seit neuestem in den Plänen steht. An der heutigen Straße zwischen Oeffingen und Neckarrems, etwa dort, wo die neue Straße von der Brücke her auf die bestehende Landesstraße trifft, soll sie auf der Ostseite entstehen und einen „wirksamen Schutz für die Vogelwelt" bilden.
Nach der jüngsten Überarbeitung des fehlerhaften Verkehrsgutachtens hat sich nämlich ein Problem der Trasse herausgestellt: Der Bau der neuen Brücke lockt so starken Schwerlastverkehr an, dass die Straße von der neuen Kreuzung bis Neckarrems eigentlich für Lastwagen über 3,5 Tonnen gesperrt werden müsste, um den Lebensraum für Vögel nicht mehr als von gesetzlichen Vorschriften erlaubt zu stören. Eine Gabionenwand - das sind Steinschüttwände in Drahtkörben - könne diese Sperrung „gerade noch verhindern", zitiert Beatrice Soltys die Beamten des Regierungspräsidiums aus einem Planergespräch. Am Kleingartengelände soll die Wand die Kleingärtner entlasten. Nicht so viel Glück wie die Vögel haben die Sportler des TV Oeffingen. Die empfinden es als Affront, dass zwar die nördlich gelegenen Kleingärten und die Flächen zum Hartwald hin, nicht jedoch die Sportanlagen gegen Lärm und Gestank abgeschirmt werden. „Die Sportler bleiben als nicht schützenswerte Gruppe bei einer Verkehrszunahme von 9300 Autos am Tag auf 22.900 Autos am Tag, darunter 1970 Lastwagen, unberücksichtigt", heißt es bitter in der Stellungnahme der Stadt Fellbach. Der Gemeinderat erhebt deswegen die Forderung, „losgelöst von den Grenzwerten der gängigen Vorschriften zu Luft- und Lärmimmissionen bauliche Maßnahmen zu ergreifen." Es soll den Sporttreibenden auch weiterhin möglich sein, im Freien ihre Aktivitäten „ungeschädigt durch neue Verkehrsbelastungen ausüben zu können".
Der Fraktionsvorsitzende der FW/FD im Gemeinderat, Ulrich Lenk, glaubt, dass sich die Situation auf dem Sportgelände am Tennhof sogar noch gravierend weiter verschlechtert, weil die „Oeffinger Mauer", wie er sie nennt, den Schall womöglich reflektiert und damit verstärkt nach Westen, zu den Sportlern lenkt: „Dies beeinträchtigt in unzumutbarer und unverantwortlicher Weise die Nutzung der Sportanlagen. Dies vermindert dramatisch ihren Wert, auch den materiellen Wert." Lenk erwartet von der Landesregierung, dass sie den TV Oeffingen für diese Wertminderung finanziell entschädigt. Die von Lenk geforderte Untertunnelung in diesem Bereich wird zwar in die Stellungnahme der Stadt aufgenommen. Oberbürgermeister Christoph Palm machte den Gemeinderäten allerdings wenig Hoffnung, denn in Stuttgart sind sich offenbar die Landespolitiker einig: „Es werden im gesamten Land keine Tunnel mehr gebaut werden zum reinen Schutz der Landschaft und der Natur."
Hans-Ulrich Spieth, der CDU-Fraktionsvorsitzende, nennt die Stellungnahme angesichts der aufgezeigten Versäumnisse „ein vernichtendes Urteil für den Regierungspräsidenten und sein Amt. Als Bürger müsste man fordern, die Mannschaft komplett auszuwechseln. Die Leute im Regierungspräsidium kommen ihrer Aufgabe nicht nach." Stadtrat Gerhard Röger (SPD) ist ebenso enttäuscht von der Stuttgarter Behörde: „Offensichtlich geht es ihr nur noch um Rechthaberei, nicht mehr um besseres Wissen."
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