Eine Entscheidung „zwischen Pest und Cholera"

Der Waiblinger Gemeinderat stimmt nach dreistündiger Debatte
mehrheitlich für den Bau der Andriofbrücke bei Aldingen

Waiblingen. Die Neckarbrücke bei Aldingen kommt - zumindest, wenn es nach dem Willen des Waiblinger Gemeinderats geht. Dieser hat dem Bauprojekt am Donnerstagabend mit einer Mehrheit von 18 Ja- bei zwölf Nein-Stimmen zugestimmt.

Gut drei Stunden dauerte die Debatte im Waiblinger Gemeinderat, am Ende stimmten 18 Gemeinderäte für den Bau einer Neckarquerung bei Aldingen, zwölf sprachen sich dagegen aus und ein Gemeinderat enthielt sich der Stimme. Eine berraschung war das Ergebnis nicht: Bereits vor einer guten Woche hat der Waiblinger Ausschuss für Planung, Technik und Umwelt mit acht gegen vier Stimmen für den Brückenbau votiert.

„Den Befürwortern geht es nicht darum, die Hegnacher zu entlasten, sondern darum, die Verbindung zur Autobahn zu schließen", sagte Alfonso Fazio von der Alternativen Liste Waiblingen. Deren Antrag, den Beschluss zu vertagen, fand im Gemeinderat keine Mehrheit. Damit hatten sich auch die weiteren Forderungen des Antrags erledigt, zu denen eine Umfrage unter den Bewohnern der Neckarstraße in Hegnach gehörte.

Auch die SPD scheiterte mit ihrem Antrag, die geplante Neckarbrücke abzulehnen. Hegnach drohe durch den Brückenbau eine „massive Lärmbelästigung", sagte der SPDFraktionsvorsitzende Klaus Riedel. Die mittlerweile korrigierten Zahlen des Regierungspräsidiums Stuttgart prognostizieren, dass die Neckarbrücke zusätzlichen Verkehr, insbesondere Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen, ins ohnehin schon lärmgeplagte Hegnach ziehen wird: Im Jahr 2020 nimmt demnach auf der Neckarstraße der Schwerlastverkehr um 270 Fahrzeuge zu, auf der Oeffinger Straße gehen die Experten von zusätzlichen 210 Lastern aus. Riedels Kommentar dazu: „Sind wir denn noch ganz knusper, dass wir eine Straße bauen wollen, damit alle der Maut entfliehen können?"

Fünf Prozent mehr Autoverkehr und 13,8 Prozent mehr Schwerlastverkehr für Hegnach seien „schon ein Brocken", meinte Friedrich Kuhnle von den Demokratischen freien Bürgern (DFB), der von einer Entscheidung „zwischen Pest und Cholera" sprach. Aber eine Ablehnung würde den derzeitigen Zustand zementieren. Wenn Hegnach noch mehr Verkehr bekomme, werde der Druck auf den Landtag zunehmen und wohl Bewegung in die Sache kommen.

Es gebe keinen anderen Weg, als der Brücke zuzustimmen, argumentierte Siegfried Kasper für die CDU-Fraktion: „Nur so können wir dem Verkehrschaos Herr werden." Dem Vorwurf von Klaus Riedel, er, Kasper, habe den Brückenbau im Jahr 2006 doch auch abgelehnt und stimme ihm nun zu, wies Kasper zurück. Er sei nach wie vor der Meinung, dass eine Brücke als Solitärbauwerk keinen Sinn ergebe - deshalb müsse die Stadt Waiblingen auch eine sofortige Weiterplanung des Straßennetzes verlangen, wie dies der Gemeinderat im Februar 2008 in der überarbeiteten Planfassung auch festgelegt habe. Die Straße sei eine wichtige Verbindung der Wirtschaftsräume Waiblingen und Ludwigsburg. Zur Befürchtung, ein solcher Ausbau könnte zum vierspurigen Nordostring führen, sagte Kasper: „Ich wäre gerne bereit, den Nordostring aus dem Bundeswegeverkehrsplan zu streichen und damit dem Gespenst den Garaus zu machen."

Auch Oberbürgermeister Andreas Hesky plädierte dafür, den Nordostring aus dem Bundesverkehrswegeplan zu streichen und eine zweispurige Straße zwischen der Westumfahrung und der K 1854 zu bauen, die möglichst im Tunnel geführt wird. „Wir stehen dazu, dass wir kommunales Geld in die Hand nehmen müssen."

Während Horst Jung von der Bürgerliste Bittenfeld einen Tunnel als „reines Wunschdenken" kritisierte, ist dieser laut Hans-Ingo von Pollern (CDU) „sehr realistisch". Das hätten seine „Recherchen an oberster Stelle" ergeben. „Wenn Fellbach den Kappelbergtunnel bekommen hat, wollen wir auch einen."

Von Annette Clauß, Fellbacher Zeitung vom 09.05.2009
www.stuttgarter-nachrichten.de

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