Kommt die Brücke,
sind die Hegnacher die Verlierer

So sieht es zumindest die Initiative Arge Nord-Ost,
die gegen Andriof-Brücke und Nordostring kämpft

Waiblingen.
Wenn die Andriof-Brücke gebaut wird, werden die Hegnacher die Verlierer sein. So sehen es die Brückengegner von der Arge Nord-Ost. Gestern ludensie zu einer Pressekonferenz.

Voraussichtlich Ende März oder im April wird das Regierungspräsidium Stuttgart seine Pläne für die umstrittene Andriof-Brücke über den Neckar bei Aldingen zum mittlerweile bereits dritten Mal neu auslegen. Dass das RP schon wieder nachbessern muss, darf sich die Arge Nord-Ost als Zwischenerfolg anrechnen. Die Initiative hatte eine Ungereimtheit in den Verkehrsprognosen der Straßen-Planer entdeckt . . .

Die RP-Untersuchung besagte: Wenn man es bei einer einzigen Neckarbrücke bei Neckarrems belasse, würden pro Tag rund 5700 Lkw drüberrauschen. Baue man dazu noch einen zweiten Flussübergang bei Aldingen, würden auf beiden Brücken zusammen weniger als 5200 Lkw fahren.

Mehr Straßen führen zu weniger Lkw? Na, wenn das so ist, spricht ja wohl nichts gegen die Brücke . . . Nur klang diese Logik der Arge gar zu suspekt. Sie meldete bereits im Februar 2008 ihre Zweifel an. Das RP aber verteidigte seine Zahlen noch im Juli entschlossen – um dann im November endlich einzuräumen, dass die Gleichung „Mehr Brücken, weniger Lkw“ wohl doch nicht ganz stimme.

Joseph Michl zweifelt an der „Fachkompetenz der Behörde“

Der Vorgang zeigt für Arge-Sprecher Joseph Michl, „wie es um die Fachkompetenz der Behörde auf dem Gebiet der Verkehrsprognosen bestellt ist“.

Die Arge wird deshalb weiter gegen die Andriof-Brücke kämpfen – und sich mit einem Hauptargument der Brückenfreunde auseinanderzusetzen haben: Nur eine Andriof-Brücke könne die staugeplagten Hegnacher vor dem Verkehrsinfarkt retten.

Joseph Michl sieht das komplett anders. Er spielt drei denkbare Fälle durch . . .

Fall eins: Die Brücke wird gebaut, bleibt aber ein Torso in der Landschaft – eine Anbindung nach Osten (mit einem Stich durchs Schmidener Feld auf die Waiblinger Westumfahrung und zur B 14/B 29) und nach Westen (mit einer Straße, die geradewegs Richtung B 10/B 27 führt) lässt auf sich warten. Das kann geschehen; in Zeiten der Wirtschaftskrise steht ja nicht unbegrenzt Geld für den Straßenbau zur Verfügung.
Die Folge: Die neue Brücke lockt mehr Verkehr an, vor allem Lkw; dieser Verkehr findet aber keinen rechten Abfluss und quält sich durch Hegnach. Für den Ort verschlimmert sich die Lage noch.

Fall zwei: Die Brücke wird gebaut und nach Westen an den achtspurigen „Hot Spot“ B 10/B 27 und nach Osten an den achtspurigen „Hot Spot“ B 14/B 29 angebunden – so will es das Regierungspräsidium, so will es auch der Remsecker OB Karl-Heinz Schlumberger. Damit entstünde eine für den Fernverkehr attraktive, vom einen Knotenpunkt bis zum anderen kreuzungs- und mautfrei flutschende Durchgangspiste.
Die Folge: Bereits im Jahr 2003 hat die „Ingenieur Gesellschaft Verkehr“ (IGV) im Auftrag der Stadt Waiblingen prognostiziert, dass dann jeden Tag eine Blechlawine von 35 000 Autos übers Schmidener Feld walzen würde. Die neue Straße würde rasch derart volllaufen, dass sie „kaum noch lokale Verkehre“ aufnehmen könne. Es werde zur „Rückverlagerung von Verkehr“ nach Waiblingen und Hegnach hinein kommen. Für Hegnach prophezeit die IGV in diesem Fall kaum eine Entlastung.

Wie man’s auch dreht: Hegnach leidet weiter, glaubt Michl

Ob nun Fall eins eintritt oder Fall zwei (oder zunächst Fall eins und später mal Fall zwei) – die Andriof-Brücke ist für Hegnach keine befriedigende Lösung, glaubt Joseph Michl.

Linderung verspräche allenfalls Fall drei: Die Brücke wird gebaut und nach Osten zügig durch eine Straße übers Schmidener Feld ergänzt, bleibt nach Westen aber unangebunden. Dann würden statt 35 000 nur knapp 20 000 Autos übers Schmidener Feld walzen und der Druck auf die Straßen in Hegnach nähme ab.

Nur: A und B zu sagen, sich C aber zu verkneifen – solch ein Halbfertig-Konstrukt ist nicht im Sinne der Verkehrsplaner beim RP, es kann nach ihrer Logik nur ein Durchgangsstadium sein auf dem Weg zur kompletten Durchbindung . . . siehe „Fall zwei“.

Aus Sicht der Arge gibt es für Hegnach deshalb nur eine sinnvolle Lösung: Man baue eine zweite Neckarquerung (die sogenannte Billinger-Brücke) unweit der bestehenden und führe von dort aus den Verkehr auf bereits vorhandenen Straßen über eine ortsnahe Hegnacher Kleinumfahrung auf die Waiblinger Westtangente. Nur das, glaubt Joseph Michl, würde dem lokalen Verkehr helfen, ohne überregionalen Verkehr anzulocken.


So kampagnenfähig ist die Arge Nord-Ost: Das Bild entstammt einer Computerpräsentation
der Arge und dokumentiert, wie anschaulich die Kämpfer gegen die Andriof-Brücke
mögliche Folgen des Bauwerks darzustellen verstehen.

Von unserem Redaktionsmitglied Peter Schwarz, Waiblinger Kreiszeitung vom 27.02.2009
www.waiblinger-kreiszeitung.de

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