Kiel fordert Denkpause in Sachen Nord-Ost-Ring

Neuplanung des Regierungspräsidiums
bringt fast überall zusätzliche Belastungen

Fellbach. Die neuesten Pläne des Regierungspräsidiums für eine Neckarbrücke bei Aldingen bringen nach Ansicht des ehemaligen Fellbacher Oberbürgermeisters Friedrich-Wilhelm Kiel für fast alle Kommunen zusätzliche Belastungen. Kiel fordert jetzt ein Moratorium.

"Das Regierungspräsidium korrigiert sich schon wieder", sagte Kiel nach Durchsicht der neuen Pläne vom Dezember. Weil ein Rechenfehler in den Verkehrsprognosen die Folgen eines Brückenbaus vor allem für Waiblingen-Hegnach allzu vorteilhaft dargestellt hatte, musste die Behörde nachbessern. Noch im November hatte das Regierungspräsidium (RP) mit der Ankündigung eines Lastwagenverbots für die "alte L 1197" entlang des Neckars eine Lösung angekündigt, mittlerweile gilt auch das nicht mehr.

Die dritte öffentliche Auslegung der Planfeststellungsunterlagen für die umstrittene Brücke steht unmittelbar bevor. Nach Kiels Angaben ist bei diesem Stand der Planung für Hegnach mehr Lastwagenverkehr zu erwarten, als wenn die Brücke nicht gebaut werde. Und auf der bestehenden Brücke bei Neckarrems werde der Schwerlastverkehr nur um etwa 16 Prozent geringer. Kiels Schlussfolgerung: "Die neue Neckarbrücke allein macht keinen Sinn". Das wüssten auch die Verkehrsplaner im Regierungspräsidium, die deshalb die so genannte "Andriof-Brücke" weiterhin als Teil eines Nord-Ost-Rings ansehen. Die "Durchbindung" zu den Bundesstraßen und Autobahnen nördlich und östlich von Stuttgart sei aber reine Absichtserklärung, sagt Kiel, "rechtlich und finanziell ist das in keiner Weise abgesichert". Ein Weiterbau sei erst in ferner Zukunft vorstellbar - schließlich sind in Baden-Württemberg schon jetzt Straßenbauvorhaben in Milliardenhöhe fertig geplant. Wenn der Brückentorso gebaut werde, so die Schlussfolgerung von Kiel, müssten auch die Einwohner von Hegnach jahrzehntelang mit stärkerem Lastwagenverkehr leben. Denen hat der Waiblinger OB eigentlich Entlastung versprochen. "Die Hegnacher Bürger werden nur selektiv informiert", sagt Kiel, "die werden an der Nase herumgeführt".

Selbst eine zweispurige Straße über das Schmidener Feld und weiter nach Kornwestheim kann keine Entlastung für Waiblingen und Fellbach bringen, sagt Kiel, denn der Transitverkehr werde eine Rückverlagerung des örtlichen Verkehrs in die Innenstädte auslösen. Ein Gutachten im Auftrag der Stadt Waiblingen habe das schon vor sechs Jahren prognostiziert. In Gesprächen unter anderem mit dem baden-württembergischen Staatsminister Wolfgang Reinhart hat Kiel deshalb Vorschläge eingebracht, die auf eine Denkpause hinauslaufen. Die Landesregierung müsste durchsetzen, dass der Ring aus dem Bundesverkehrswegeplan herausgenommen werde. Zweitens müsse das Planfeststellungsverfahren ausgesetzt werden, bis die Auswirkungen des Ausbaus der B 14 nach Backnang und des Autobahnzubringers nach Mundelsheim sichtbar werden. Andernfalls wird man sich wohl vor Gericht treffen, wenn das Regierungspräsidium am Standort der Brücke festhält. Kiel hält die Billinger-Variante einer Entlastungsbrücke nahe der jetzigen Neckarquerung bei Neckarrems nach wie vor für die beste Lösung, verbunden mit einer ortsnahen Umfahrung von Hegnach.

Kritik übt Kiel auch an der Staatsanwaltschaft, die ihre Ermittlungen gegen den früheren Regierungspräsidenten Udo Andriof eingestellt hat. Andriof war vorgeworfen worden, er habe Spenden im Zusammenhang mit dem Nord-Ost-Ring erbettelt und dadurch seine Neutralität eingebüßt. Die Staatsanwälte sahen aber keine Bestechungsgefahr, weil Andriof nicht über die Brücke entscheiden könne - es handle sich um eine Bundesstraße, über die der Bund entscheide.

Den Nord-Ost-Ring hat der Bundestag allerdings mit einem Planungsverbot belegt. "Betreibt das RP also eine verbotene Planung?", fragt sich Kiel, oder hat die Staatsanwaltschaft "hanebüchen falsch entschieden?"

Von Gerhard Brien, Fellbacher Zeitung vom 26.02.2009
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