Das kann keiner in Remseck wollen. Ein vierspuriges Betonmonstrum mit außerirdisch anmutenden Anschlussstraßen erstreckt sich über den Neckar, mitten zwischen den Remsecker Ortsteilen Aldingen und Neckarrems. Auf den vier Meter breiten Fahrspuren sollen täglich mehr als 44.000 Fahrzeuge unterwegs sein. Doch das, was in den Planungsunterlagen des Stuttgarter Regierungspräsidiums (RP) als Billinger-Variante geführt wird, ist nicht das Konzept, das sich der Verkehrsplaner Hans Billinger tatsächlich vorstellt.
Mit sachkundiger Unterstützung von Joseph Michl, dem Vorsitzenden der Bürgerinitiative Arge Nordost, hat Billinger zum Gegenschlag ausgeholt. Auf Einladung der Remsecker Grünen, die gemeinsam mit der örtlichen SPD Alternativen zur vom RP geplanten Neckarbrücke bei Remseck-Aldingen suchen, legte Billinger dar, dass seine Pläne besser sind als ihr Ruf. Bei der Veranstaltung griffen Billinger und Michl nicht etwa auf eigene Untersuchungen zurück - sie beriefen sich vielmehr auf Zahlen des Regierungspräsidiums. Denn während im vorderen Drittel der Planungsunterlagen das Billinger-Konzept noch vierspurig und sehr ungünstig wegkommt, finden sich im hinteren Drittel der Unterlagen weitere Untersuchungen zur schlankeren zweispurigen Variante, die den Vorstellungen Billingers näher kommt.
Im Vergleich zur vom RP bevorzugten Brücke bei Aldingen schneidet die Billinger-Brücke zwischen Neckargröningen und Aldingen gar nicht mehr so schlecht ab. Unterm Strich bringt sie demnach weniger Verkehr in die Region zwischen Ludwigsburg und Waiblingen als die nach dem früheren Regierungspräsidenten benannte Andriof-Brücke. Sowohl die Aldinger Westtangente als auch die Straßen Richtung Waiblingen werden mit der Billinger-Variante weniger belastet oder sogar von Verkehr entlastet. Was die Brücke laut den Remsecker Grünen so attraktiv macht, ist die Tatsache, dass der Verkehr teilweise in einem Tunnel rollen würde und sich außerdem westlich von Neckargröningen Möglichkeiten für die von Verwaltung und Gemeinderat gewünschte Neue Mitte bieten würden.
„Wir dürfen nicht denselben Fehler machen wie Ludwigsburg", hielt der Remsecker Baubürgermeister Reinhard Melchior dagegen. Die vielbefahrene B 27 fließt mitten durch das Herz der Nachbarstadt. Melchior will den Durchgangsverkehr hingegen aus dem Stadtgebiet verbannen und setzt darauf, dass die Brücke bei Neckarrems spätestens in 20 Jahren baufällig wird. Bis dahin könne sie - den Bau der Andriof-Brücke vorausgesetzt - für Lastwagen gesperrt werden. Erst dann sei der Bau der Billinger-Brücke als weitere Entlastung angebracht. „Da treffen Weltanschauungen aufeinander", sagte Melchior nach kontroverser Debatte. Wer davon ausgehe, dass neue, attraktive Straßen mehr Verkehr anziehen, bevorzuge womöglich Billinger. Wer hingegen mit neuen Straßen für einen besseren Verkehrsfluss sorgen wolle, komme um die Andriof-Brücke nicht herum.
Die SPD-Fraktionschefin Erika Raupp brachte ein weiteres Argument für Billinger zum Ausdruck. Vor 20 Jahren hat die Stadt den Planer damit beauftragt, den Ortsteil Hochberg von Verkehr zu entlasten. Er schlug einen Tunnel vor. Und der gilt heute nach langen Diskussionen als einzig praktikable Entlastungsvariante.
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