Die geplante Andriof-Brücke weckt Ängste

Bewohner von Mühlhausen rechnen mit erheblich mehr Verkehr -
Belastung durch Abgase gefährdet Biokräuterhof

Die geplante neue Brücke zwischen Remseck-Aldingen und Stuttgart-Mühlhausen stößt auch im Stadtbezirk Mühlhausen auf Kritik. Die Einwohner befürchten mehr Verkehr; ein Biokräuterhof sieht sich in seiner Existenz bedroht.

Die Neckarquerung direkt bei Mühlhausen führt schon seit Jahren zu heftigen Auseinandersetzungen in der Region. Die neue Verbindung soll, wie berichtet, die bestehende Brücke in Remseck entlasten und die Verkehrsverbindungen zwischen den Wirtschaftsräumen Waiblingen/Fellbach und Kornwestheim/Ludwigsburg verbessern. Allerdings lehnen die Städte Kornwestheim und Fellbach die Planungen vehement ab, weil sie mehr Verkehr befürchten und den Flächenverbrauch auf ihrer Gemarkung nicht hinnehmen wollen. Die Städte Remseck, Stuttgart und Waiblingen befürworten das Projekt.

Die Landeshauptstadt erhofft sich dadurch eine deutliche Entlastung der regelmäßig angespannten Verkehrssituation in ihrem Nordosten. Zurzeit werden im Regierungspräsidium Stuttgart - es handelt sich um eine Brücke an einer Landesstraße, also um ein Projekt des Landes - die eingegangenen Stellungnahmen unter anderem der betroffenen Kommunen geprüft. Für Ende Juli ist ein öffentlicher Erörterungstermin geplant, die Genehmigung für den Bau der nach Schätzungen rund 16 Millionen Euro teuren Brücke könnte Ende des Jahres erlassen werden.

Der Bezirksbeirat Mühlhausen, also das politische Gremium des vom Projekt am stärksten betroffenen Stuttgarter Stadtbezirks, wurde erst jetzt über den aktuellen Planungsstand für die sogenannte Andriof-Brücke informiert. Dies hätte nach Meinung vieler Bezirksbeiräte deutlich früher passieren müssen. In Mühlhausen wird durch das Projekt mehr Verkehr auf der Mönchfeldstraße befürchtet. Auch der Landschaftsverbrauch und Detailfragen der Anbindung der Brücke an das bestehende Straßennetz wecken Befürchtungen.

Durch die Brücke ganz konkret in ihrer Existenz bedroht sehen sich die Inhaber des Calendula-Kräutergartens in Mühlhausen. „Im Schatten der Andriof-Brücke können wir nicht mehr in Bioqualität produzieren", sagt Christel Berweiler, die den Hof samt Hofladen mit ihrem Mann Dieter in den vergangenen Jahren aufgebaut hat. Zu groß sei die Belastung durch Abgase, Streusalz und das nächtliche Scheinwerferlicht der Autos, so ihre Befürchtung.

In dem an der Storchshalde gelegenen Kräutergarten wachsen rund 600 verschiedene Pflanzen - seit 2002 in biologischem Anbau. „Zu unseren Kunden zählen auch Ärzte, Heilpraktiker und Therapeuten", erklärt die Inhaberin. Mit Schadstoffen belastete Kräuter zu verkaufen können sich Christel Berweiler und die zehn Mitarbeiter des Betriebs nicht vorstellen. „Die Blätter der Pflanzen nehmen alle Stoffe aus der Luft auf. Womöglich sind das genau die Stoffe, die bei unseren Kunden ohnehin schon Allergien oder Beschwerden verursachen."

Ein Gutachten des Regierungspräsidiums über die Auswirkungen der Brücke für den Betrieb bezeichnet Berweiler als „haarsträubend". Der Gutachter habe seine Untersuchung vom Schreibtisch aus erledigt und sei mangels fachlicher Studien über Kräuter zu dem Ergebnis gekommen, dass der Betrieb nicht gefährdet sei. Für die Berweilers hingegen steht fest: „Wenn die Brücke gebaut wird, müssen wir unseren Standort aufgeben. Beides nebeneinander geht nicht."

Eine alternative Anbaufläche für den rund sieben Hektar großen Kräutergarten zu finden gestalte sich jedoch schwierig. „Der Boden müsste zuvor biologisch bearbeitet worden sein. Solche Flächen sind rar", erklärt Christel Beurteiler und hofft auf eine baldige Entscheidung. „Der drohende Brückenbau lähmt unseren Betrieb."

Von Jürgen Brand und Simone Deitmer,
Stuttgarter Zeitung vom 03.05.2008
www.stuttgarter-zeitung.de

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