Bürger zur Neckarbrücke erneut gefragt

Andriof kündigt zweiten Erörterungstermin an -
Geänderte Pläne für Querung werden ausgelegt

STUTTGART. Für die vom Regierungspräsidium geplante Neckarbrücke zwischen Stuttgart und Remseck-Aldingen wird es einen zweiten Erörterungstermin geben. Allerdings scheint die Finanzierung des 16-Millionen-Euro-Projekts noch nicht sicher.

Einmal im Jahr gibt der Stuttgarter Regierungspräsident Udo Andriof einen Überblick auf das vielfältige Wirken seiner Behörde im Regierungsbezirk Nordwürttemberg - und dabei geht es fast schon traditionell vor allem um den Verkehr. So war es auch am vergangenen Dienstagabend beim letzten derartigen Auftritt des bald 65-Jährigen, der Ende des Jahres in den Ruhestand geht und am 17. Dezember von Ministerpräsident Günther Oettinger offiziell aus dem Amt verabschiedet wird. Neben dem Ausbau der Autobahnen in der Region und neben Stuttgart 21, wo weitere Abschnitte demnächst genehmigt werden, beschäftigt Andriof vor allem die neue Neckarbrücke, die die bis jetzt einzige Querung im Remseck entlasten soll, in den umliegenden Städten und von Bürgerinitiativen aber nach wie vor heftig kritisiert wird.

Immerhin hat Andriof die Pläne bereits abgespeckt. Statt dreier Fahrspuren soll die Brücke, die über das Gelände des Klärwerks Stuttgart-Mühlhausen hinweg auf das Schmidener Feld zwischen Fellbach und Waiblingen führt, nur noch zwei Streifen bekommen. Dadurch verringert sich der Querschnitt von 16,75 auf 12,50 Meter.

Zugleich wird die Brücke auf Aldinger Seite abgesenkt. Damit hat Andriof zwar nicht alle Gegner überzeugt, die nach wie vor einen Einstieg in eine vierspurige Trasse eines Nordostrings von der B 27 bei Kornwestheim bis zur B 14 bei Waiblingen befürchten, aber zumindest für positive Signale aus einigen Rathäusern gesorgt - etwa bei Fellbachs Oberbürgermeister Christoph Palm.

Andriof will den Zweiflern offenbar noch weiter entgegenkommen. Obwohl die abgespeckten Pläne schon vor dem ersten Erörterungstermin Mitte Juli in Fellbach bekannt waren, war damals die erste Planungsvariante die Grundlage. Dies war heftig kritisiert worden, Nun wird es vermutlich im Dezember einen zweiten Termin geben, bei dem die Bürger und Kommunen Bedenken gegen die aktuelle Planung vorbringen können.

„Wir werden die geänderten Pläne nochmals auslegen und mit allen Betroffenen besprechen", kündigte Andriof an. Dabei will der Regierungspräsident auch die im Juli vorgebrachten Verbesserungsvorschläge einbeziehen. „Möglicherweise setzen wir auch die Überlegung der Stadt Fellbach um, auf der Brücke einen Radweg anzulegen", sagte der Regierungspräsident. Dies war nicht zuletzt deshalb vorgeschlagen worden, weil eine Straße mit einem Radweg kaum zu einer Art Bundesstraße ausgebaut werden kann, was Kritiker noch immer befürchten. „Kein Mensch denkt daran, dass hier überregionaler Verkehr fließt", betonte Andriof. Zwar wird die Genehmigung zum Bau wegen des zweiten Erörterungstermins erst im Frühjahr 2008 erwartet, eine große Zeitverzögerung befürchtet Andriof aber nicht. Frühestens im Sommer nächsten Jahres könne dann mit dem Bau begonnen werden. Allerdings erklärte Andriof, die Finanzierung sei keineswegs gesichert. Da es sich um eine Landesstraße handelt, muss das Land die Kosten von 16 Millionen Euro tragen. „Es gibt mehrere Projekte, die ähnlich dringend sind und um die Mittel konkurrieren", sagte er. Als Beispiel nannte Andriof den Ausbau der Landesstraße zwischen Mundelsheim und Backnang im Norden der Region.

Andriof erklärte, er sei überzeugt, dass wenn für die Neckarquerung die Genehmigung vorliege, „viele Beteiligte fordern werden, dass das Projekt rasch verwirklicht wird". Er glaubt, dass dann auch die Anbindung der Brücke geklärt werden kann. Kornwestheim streitet mit Stuttgart über die Trasse zur Bundesstraße 27, Waiblingen und Fellbach über die Verbindung zur B 14.


Andriof und die Neckarquerung

Brückenbauer

Von Thomas Durchdenwald
Wenn Udo Andriof Ende des Jahres als Stuttgarter Regierungspräsident ausscheidet und in Pension geht, dann wird er mehr als 18 Jahre im Amt gewesen sein. Man darf voraussetzen, dass einer wie er weiß, wie sich umstrittene Projekte auch gegen erbitterten Widerstand durchsetzen lassen, wie Kritiker doch noch ins Boot geholt werden können und wie eine Genehmigung auszusehen hat, damit sie vor Verwaltungsrichtern besteht.

Dieses Andriof"sche Wissen kann beim Projekt Neckarbrücke bestens besichtigt werden. Nachdem der jahrelang debattierte und noch heute von einigen Politikern favorisierte vierspurige Nordostring in Berlin auf Eis gelegt worden war, hat Andriof mit seinem Projekt Neckarbrücke eine erstarrte Planung neu belebt. Und als sich abzeichnete, dass er für seine dreispurige Lösung nur in Remseck Beifall erhält, wo sich heute vor einer Brücke der Verkehr staut, hat er diese Pläne abgespeckt - mit dem Erfolg, dass in Waiblingen und Fellbach moderate offizielle Töne zu hören sind. Nur noch in Kornwestheim, wo die neue Oberbürgermeisterin Ursula Keck zusätzlichen Verkehr befürchtet, und von den Bürgerinitiativen kommt massiver Widerstand. Doch das glaubt Andriof aushalten zu können.

Allerdings hat der Regierungspräsident in seinem Bemühen, den Kritikern den Wind des Widerstands aus den Segeln zu nehmen, manche Volte geschlagen, die Unverständnis auslösen muss. Vor einigen Wochen hat er einen zweiten offiziellen Erörterungstermin noch abgelehnt. Nun wird er stattfinden, weil die reduzierten Pläne eben doch weit entfernt sind vom ursprünglichen Entwurf. Zieht man den Aufwand einer solchen Versammlung in Betracht, hätte Andriof besser daran getan, dies früher zu verkünden.

Mehr noch verwundert, dass Andriof nun auch die Finanzierung der Brücke keineswegs für gesichert hält. Auch das klang vor einigen Wochen noch ganz anders. Offenbar hat der Brückenbauer Andriof nur eines im Sinn: mit allen Mitteln möglichst viele Beteiligte hinter dem Projekt zu versammeln - und sei es nur mit dem Argument, dass seine Lösung besser sei als gar keine Lösung.

Von Thomas Durchdenwald,
Stuttgarter Zeitung vom 06.09.2007
www.stuttgarter-zeitung.de

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