Höheres Herzinfarktrisiko

Aus dem Arbeitsschutz hat sich ein Forschungszweig entwickelt, der sich mit den Folgen von Lärm auf die Gesundheit der Menschen beschäftigt. Studien über die Auswirkungen auf Anwohner an Bahngleisen gibt es zwar nicht, doch Experten gehen davon aus, dass Schienenlärm dieselben Auswirkungen haben kann wie Straßen- und Flugverkehr. Mehr denn je zu schaffen macht den Menschen heute die höhere Verkehrsdichte und der damit einhergehende Lärm.

Problematisch ist der Bahnverkehr vor allem nachts. Dann sind die lauteren Güterzüge deutlicher zu hören. Wenn Anrainer von ratternden Waggons geweckt werden, setzt ihr Körper vermehrt Stresshormone frei. Der Schlaf ist dann nicht erholsam. Dadurch büßen sie ihre Leistungsfähigkeit am nächsten Tag ein. Zudem kann ihr Immunsystem geschwächt werden.
Langfristige Folgen können Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems sein. Überschreitet der Pegel 60 bis 65 Dezibel, tragen die Betroffenen ein höheres Herzinfarktrisiko, erklärt ein Gesundheitswissenschaftler der Universität Bielefeld. In Schlafräumen sollte es nachts deshalb nicht lauter als 40 Dezibel sein, rät Matthias Hintzsche, Lärmexperte des Bundesumweltministeriums.
Die Menschen reagieren unterschiedlich auf verschiedene Lärmarten. Weil sie Bahngeräusche als weniger belästigend empfinden als Straßenlärm, erklärt Hintzsche, gibt es den sogenannten Schienenbonus. Für Züge gelten deshalb andere Grenzwerte. Neue Richtlinien der EU berücksichtigen den Bonus aber nachts nicht mehr, da dies die Zeit ist, in denen Schienengeräusche die meisten Probleme bereiten.
Beim Thema Lärmschutz ist die Rechtslage zweigeteilt: Bei Neu- und Ausbaustrecken muss sich die Bahn an aktuelle Verordnungen halten. Anders sieht es bei den bereits bestehenden Trassen aus. 1999 startete der Bund das Lärmsanierungsprogramm. Zunächst standen der Bahn jährlich 50 Millionen Euro für den nachträglichen Bau von Lärmschutzwänden und -wällen zur Verfügung. In diesem Jahr waren es bereits 100 Millionen. Im nächsten Jahr soll der Etat zum Schutz der Bahnanrainer erneut aufgestockt werden.
Manchen Experten gehen Maßnahmen wie Lärmschutzwände und Schallschutzfenster aber noch nicht weit genug. Sie fordern deshalb niedrigere Grenzwerte. Auch ist es Aufgabe von Güterzugherstellern und -betreibern, in leisere Wagen zu investieren. Technisch sei das längst möglich, erklärt Matthias Hintzsche vom Bundesumweltministerium: „Güterzüge müssen nicht lauter sein als Personenzüge."

Lärmmessgerät

Von Birgit Klein, Stuttgarter Nachrichten vom 13.11.2008
www.stuttgarter-nachrichten.de

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