Ausdauer ist eine Tugend. 2200 Jungbäume müssen die vier Mitarbeiter von Revierförster Dieter Hagenmüller derzeit einpflanzen. Auf einer Fläche so groß wie eineinhalb Fußballfelder. Allerdings wachsen auf einem Fußballfeld keine stachelübersäten Brombeersträucher. So muss die 1,5 Hektar große Fläche erst mal gerodet werden, ehe man mit einer Art Spaten knöcheltiefe Löcher ins Erdreich sticht. Dorthinein stecken die Forstarbeiter die erdumhüllten Wurzelballen der durchschnittlich etwa vier Jahre alten Pflanzen. Unterarmlange Ästchen, an deren Ende nur eine Handvoll Blätter sprießen, ragen in den kalten Novemberhimmel. Jeder Setzling erhält zum Schutz eine blassgrüne Ummantelung, vermutlich aus einer Art Wachspappe, die an einem Bambusstab befestigt wird. „Das sind Wuchshüllen, die wie kleine Gewächshäuser funktionieren", erklärt der Revierförster. „Sie halten die Feuchtigkeit und die Wärme, das schafft gute Wuchsbedingungen." Gepflanzt werden in der Mehrzahl seltene Baumarten wie Speierling und Eisbeere. Aber auch Feldahorn und Wildobstbäume werden gepflanzt.
Die Maßnahme, die nun in die Tat umgesetzt wird, hat eine lange Vorgeschichte. Seit die Landschaftsplanerin Donata Valentien den nach ihr benannten Wald auf dem Reißbrett entworfen hat, ist viel Wasser den Feuerbach hinuntergeflossen. Zwischenzeitlich war für das Gebiet im Bereich der Querspange der B10 und B27 mal eine gewerbliche Baufläche, mal eine Deponie für Bauschutt angedacht worden. Im aktuellen Flächennutzungsplan taucht das Areal wieder als Valentien-Wald auf. Die Stadt Stuttgart hatte sich die Verwirklichung des Waldes vorgenommen als Ausgleichsmaßnahme für Wunden, die man der Natur durch Baumaßnahmen zugefügt hat, etwa Bundesstraßen oder Stadtbahntrassen. Die größte Einzelfläche, die Hagenmüllers Mitarbeiter beackern, wird beispielsweise von der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) bezahlt. „Die SSB finanzieren eine Ausgleichsfläche von 0,5 Hektar für Waldinanspruchnahme durch den Bau der U 15 in Degerloch", sagt der Förster.
Ursprünglich sahen die Pläne Valentiens vor, wesentlich mehr Bäume zu pflanzen. „Ein Teil soll als Naturschutzfläche dienen und nicht aufgeforstet werden, weil dort seltene Pflanzen wachsen", sagt Hagenmüller. Von der Idee, den höchsten Punkt der Seitendeponie aufzuschütten, um ihn dann als Aussichtspunkt nutzbar zu machen, seien die Planer allerdings wieder abgerückt.
Dass sich die Maßnahme so lange verzögert hat, ist unter anderem auf die Eigentumsverhältnisse zurückzuführen. Da nicht alle Grundstücke im Besitz der Stadt waren. Tröstlich ist immerhin: Es werde keine weiteren 30 Jahre dauern, bis aus den Ästchen erkennbare Bäume werden. „Da sieht man schon nach vier, fünf Jahren einen deutlichen Unterschied", sagt Hagenmüller.
2200 junge Bäume nebst Wuchshilfen werden derzeit von den
Forstarbeitern
an der Zuffenhäuser Ortsgrenze gesetzt. Foto: Chris Lederer
Von Chris Lederer,
Stuttgarter Nachrichten vom 20.11.2008
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